Totalausfall in Berlin!

Scholz empfängt PA-Präsident 2022-08-16, Deutschland, Berlin. Kanzleramt: Bundeskanzler Olaf Scholz SPD empfängt den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmood Abbas.

Letzte Aktualisierung am 25. November 2022 durch Thomas Morvay

Berlin – Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde traf heute den deutschen Bundeskanzler in Berlin. Es war das erste persönliche Treffen zwischen den Beiden. Vordergründig standen die Frage der Erhaltung einer Zweistaatenlösung, aber auch Fragen der Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe, sowie die vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen im Mittelpunkt der Gespräche. Es wurde von der Zusammenarbeit in Kultur- und Bildungsfragen gesprochen. Doch Abbas blieb Abbas und provozierte zum Schluss einen Eklat, der einmal mehr die Frage aufwirft, wie verlässlich dieser Mann und seine Aussagen sind! Olaf Scholz stand dabei, und schwieg – was nicht mit diplomatischer Höflichkeit entschuldigt werden kann.

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Über weite Strecken folgten die Aussagen der beiden Gesprächspartner sattsam bekannten Linien, und auch das Frage- und Antwortspiel mit den Journalisten war Routine. Fast unbemerkt jedoch baute Abbas, dramaturgisch nicht ungeschickt, die Spannung auf für die Aussage, die er als Schlusssalvo losballerte.

Er begann mit der Erwähnung der “grossen palästinensischen Gemeinschaft in Deutschland”, die sehr aktiv sei, sehr lebendig, und die sich “positiv in die deutsche Gesaellschaft einbringe. Dann sprach er die die Rolle Deutschlands und der EU, das an der Münchner Sicherheitskonferenz kreiierte Kleeblatt-Format der Länder Deutschland, Frankreich, Ägypten und Jordanien an, und bekannte sich dazu, “die Zweistaatenlösung vor dem Zusammenbruch zu schützen”. In dieser Passage erklang sodann die erste Diskrepanz zum sorgsam, gegenüber dem Ausland, geprägten Streben nach einer Lösung in den Grenzen von 1967. Plötzlich ertönte das aktuelle Losungswort:

Die Unterminierung der Zweistaatenlösung, die Zerstörung der Grenzen von 1967 von israelischer Seite und die Schaffung der neuen Realität in einem Apartheidsystem, ….
Palästina befindet sich seit 77 Jahren unter Besatzung Das muss aufhören und muss ein Ende finden.

Mahmud Abbas in Berlin, am 16. August 2022, Mitschrift der Bundesregierung

Der Kanzler hielt zaghaft dagegen, betonte seinerseits die deutsche Position zur Zweistaatenlösung und auch zum “Siedlungsbau”. Um Widerspruch zu markieren, merkte er an – in seiner gewohnten Art:

Wir haben auch unterschiedliche Einschätzungen. Das will ich gern sagen. Sie müssen ja auch nicht verheimlicht werden. Wir finden, wenn man in einem Land wie Deutschland lebt, in dem alle vier Jahre gewählt wird, dann ist es seit 2006 ein bisschen lange hin, und es könnte einmal wieder gewählt werden.
Selbstverständlich haben wir auch im Hinblick auf die israelische Politik eine andere Einschätzung. Ich will ausdrücklich hier an der Stelle sagen, dass ich mir das Wort Apartheid nicht zu eigen mache und ich es für die Beschreibung der Situation nicht für richtig halte.

Bundeskanzler Olaf Scholz, am 16. August 2022 in Berlin, Mitschrift der Bundesregierung

Doch Abbas wollte den “dezenten” Rüffel nicht hören. Vielleicht angestachelt durch die abschliessende Frage eines deutschen Journalisten, ob er plane,

… fünfzig Jahre danach [nach dem Münchner Olympiamassaker, bei deren Finanzierung Abbas eine wesentliche Rolle gespielt haben soll; Anm. der Redaktion], im Namen der Palästinenser bei Israel und Deutschland zu entschuldigenund bei der vollständigen Aufklärung des Anschlags behilflich zu sein?”

Pressekonferenz in Berlin, am 16. ASugust 2022, Mitschrift der Bundesregierung

Abbas Antwort darauf:

Seit 1947 bis zum heutigen Tag hat Israel 50 Massaker in 50 palästinensischen Dörfern und Städten begangen, in Deit Jassin, Tantura, Kfar Kassim und vielen weiteren, 50 Massaker, 50 Holocausts. Bis zum heutigen Tag haben wir tagtäglich Tote, die von der IDF und und der israelischen Armee getötet werden. Unsere Forderung ist: Stopp, es reicht!

Pressekonfernez in Berlin, am 16. August 2022, Mitschrift der Bundesregierung

Der Regierungssprecher erklärte die Pressekonferenz für beendet. Hinterher wurde gesagt, Scholz’ missfallen wäre sichtbar gewesen. Das konnte man objektiv nicht festsrtellen, es hörte sich eher nach Schadensbegrenzung an. Sehen konnte man allerdings, dass Scholz Abbas die Hand zum Abschluss schüttelte.

Und das ist schwerlich anders zu beurteilen, als ein Totalausfall. Wenn der Bundeskanzler Olaf Scholz nicht einmal mit so wenig Druck umgehen kann, ist er eine Fehlbesetzun g und eine Schande für das Land Deutschland. Als Kanzler wäre es m Rahmen seiner Möglichkeiten gewesen, die Dinge zurecht zu rücken. Wer in Deutschland von Holocaust spricht und nicht den Zivilisationsbruch, den industriellen Massenmord an Europas Juden meint, wer damit Holocaustrelativierung betreibt, der verdient die Gastfreundschaft und die damit verbundene elementare Höflichkeit nicht. Auch und gerade als Gastgeber, hätte Olaf Scholz die Pflicht gehabt, dagegen klar Stellung zu beziehen. Vor Ort und unmittelbar. Alles andere ist ein Totalausfall!

UPDATE: Der Bundeskanzler Olaf Scholz hat die ganze Nacht über zum Vorfall gesachwiegen. Was er sagt ist zudem derart allgemein gehalten, dass man nicht sicher sein kann, der Kanzler habe die ganze Tragweite der Ungeheuerlichkeit des Vorfalls erfasst. Das ist ungenügend und inakzeptabel! Er erntet verdient massive Kritik im In- und Ausland dafür.

Das Tweet des Bundeskanzlers: halbherzig und miserabel abgefasst. Fazit: auch das kann er (oder auch sein Stab) nicht!

Nach anhaltender und heftiger Kritik an seinen Äusserungen weltweit versucht sich Mahmud Abbas – wohl nicht ganz freiwillig, um das mal zurückhaltend zu formulieren, zu erklären. Die Episode offenbart u.a., dass der seit seiner “Doktorarbeit” in Moskau als Holocaustleugner und Antisemit bekannte Abbas auch auf seine alten tage nicht schlauer geworden ist, und dass sein “Haltbarkeitsdatum” definitiv abgelaufen ist! Im 18. Jahr seiner 5-jährigen Amtszeit, sowieso!

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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