Baerbocks Fata Morgana

Bundesaussenministerin, aufgenommen im Rahmen ihres Besuchs in Israel. Hier ein Pressestatement in Hotel King David. Fotografiert im Auftrag des Auswaertigen Amtes (Lizenz: imago / Photothek; Copyright: Thomas Koehler)

Letzte Aktualisierung am 15. Februar 2024 durch Thomas Morvay

Einmal mehr weilt die deutsche Aussenministerin in Jerusalem. Einmal mehr verkündet sie dort die Offenbarung, eine Zukunft gäbe es nur mit einer Zwei-Staaten-Lösung. Die religiöse Konnotation ist beabsichtigt, denn anders ist das fortgesetzte Dreinschlagen auf den längst „toten Pferd“ kaum zu erklären. Und zur Entlehnung aus der Tierwelt gehört eine andere Binsenwahrheit dazu: man muss das Pferd vor den Karren spannen, nicht umgekehrt!

Ist es die Anpannung, oder gar die Erschöpfung, die Anna-Lena Baerbock ins Gesicht geschrieben ist? Sie klebt am Manuskript, ihr Duktus ist leicht abgehakt, mitunter unsicher. Dass sie hier eine Mission erfüllt, davon scheint sie mehr denn je überzeugt. Lesen Sie selbst, was die Verkörperung deutscher Diplomatie meinte, verkünden zu müssen:

Über 4 Monate sind seit dem grausamen Terrorangriff der Hamas auf Israel vergangen. Ein Angriff auf Frauen und Männer, auf alte Menschen, auf Kinder, auf Babies – ganz gezielt. Israel verteidigt sich weiter, jeden Tag, gegendiesen grausamen Terror. Ich habe mit Ministerpräsident Netanjahu gerade darüber gesprochen, dass wir weiterhin alle unsere Anstrengungen darauf richten müssen, die Freilassung dieser Geiseln zu erreichen. Es ist klar, dass dafür schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen. Aber das gemeinsame Ziel, die Geiseln aus den Händen der Hamas zu befreien, dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. In diesen vier Monaten, seit dem Terrorangriff der Hamas, haben wir als Deutsche immer wieder unsere Position deutlich gemacht. Und das habe ich heute auch erneut, bei meinem erneuten Besuch, hier vor Ort in den Gesprächen unterstrichen.

Es ist die Verantwortung Deutschlands, für die Sicherheit der Menschen in Israel einzustehen. Das bedeutet heute, für das Selbstverteidigungsrecht Israels, im Rahmen des Völkerrechts, einzutreten. Damit so ein brutaler Terroranschlag, wie am 7. Oktober, nie wieder passieren kann. In meinen Gesprächen habe ich darauf gedrungen, dass rasch, ebenso mehr Grenzübergänge geöffnet werden, damit mehr humanitäre Hilfe und mehr medizinische Hilfsgüter zu den Menschen nach Gaza kommen können. Und, die mutigen Helferinnen und Helfer der Vereinten Nationen müssen sich auf Sicherheitsgarantien verlassen können, damit diese Hilfe dann auch wirklich bei den Menschen ankommen kann. Denn Israel führt einen Kampf gegen die Hamas und nicht gegen die palästinensische Zivilbevölkerung.

Es gibt hier kein Entweder-oder, sondern nur einen Sowohl-als auch. Die Sicherheit der Menschen in Israel vor dem Terror der Hamas ist ebenso wichtig, wie das Überleben der Palästinenserinnen und Palästinenser. Beides gehört zusammen. Es braucht daher, aus unserer Sicht, dringend eine weitere Feuerpause. Sie öffnet ein Zeitfenster, um die Geiseln freizubekommen und um mehr humanitäre Hilfe hineinzubekommen. Es liegt ein katarisch-ägyptischer Vorschlag auf dem Tisch, wie eine Feuerpause und Geiselfreilassung verknüpft werden könnten. Hierin liegt eine Chance, wir müssen sie gemeinsam ergreifen.

Es wird in Gaza einen Tag nach diesem Krieg geben. Ein politischer Prozess ist nun notwendiger denn je, auch wenn dieser Tag derzeit in der Ferne liegt. Nichtsdestotrotz ist das Gespräch über diesen politischen Prozess gerade jetzt so wichtig. Bei meinen Gesprächen hier in Israel, aber auch in den nächsten Tagen und in den letzten Monaten, sind für mich dabei vier Elemente wichtig. Sicherheitsgarantien, eine funktionierende Verwaltung, der Wiederaufbau von Gaza und der Aufbau eines palästinensischen Staates, Seite an Seite in Frieden und in Sicherheit mit Israel, im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung.

Sicherheitsgarantien bedeutet für Israel, aus Gaza darf nie wieder eine terroristische Bedrohung für die Menschen in Israel ausgehen. Sicherheit für die Palästinenser bedeutet, sie dürfen nicht aus Gaza vertrieben werden, das Territorium Gazas darf nicht verkleinert werden, auch nicht durch Pufferzonen an den Rändern des Gazastreifens.

Für eine funktionierende Verwaltung braucht es eine Grundlage. Die Palästinensische Behörde ist die legitime Vertreterin der Palästinenserinnen und Palästinenser. Sie ist die zu Frieden bereite Alternative zur Terrororganisation Hamas. Die Autonomiebehörde muss sich umfassend reformieren, darüber habe ich gestern ja in Berlin gesprochen, aber es ist völlig klar, dass sie das Fundament ist, auf dem wir aufbauen.

Es braucht einen Wiederaufbau für Gaza. Eine Art Marshallplan für den wirtschaftlichen Aufbau. Dafür braucht es nicht nur Strukturen, sondern es braucht die gesamte internationale Unterstützung. Und diese wiederum wird nur möglich sein, wenn wir sie im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung geben, die in einem Friedensprozess verankert ist. Das alles wird nur gemeinsam, international gemeinsam, mit den Staaten der Region gelingen.

Vor dem Terrorangriff der Hamas, gab es vorsichtige Schritte der Annäherung zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn. Dass diese Schritte auch jetzt noch gegangen werden, zeigt, es gibt ein gemeinsames Interesse, sich nicht von den Terroristen auseinandertreiben zu lassen. Und es gibt ein gemeinsames Interesse, so vieler Menschen hier in der Region, einfach nur in Frieden und Freiheit zu leben und zwar nicht nur morgen, sondern für die Zukunft ihrer Kinder.

Herzlichen Dank!

Statement von Annalena Baerbock zu ihrem Besuch in Israel am 14.02.2024, Mitschrift auf phoenix

Eines sei vorweg gesagt: ihre Erklärung hebt sich wohltuend von den Verlautbarungen ihres US-Amtskollegen ab, die an der gleichen Stelle vor wenigen Tagen verklungen waren. Nun, im Gegensatz zu ihm muss sie nicht „als Jude“ sprechen, und somit bleibt es ihr auch erspart erklären zu müssen, wieso er erst im Oktober 2023 zur Überzeugung gelangt war, sein Jüdischsein herausstreichen zu müssen. Und auch wenn die Judenhasser in Deutschland es ihr unentwegt ins Gesicht schleudern, dass auch sie Waffen an Israel liefern lässt – Beaerbocks Botschaft erschöpft sich darin, die deutsche Staatsräson vor sich herzutragen, ohne Staatsräson zu sagen!

Leider scheint aber auch sie davon überzeugt, damit sei ihrer Israelsolidarität schon genüge getan. Und fordert – da ist sie mit Antony Blinken auf einer Linie, wenn auch nicht aus denselben Motiven – die Zwei-Staaten-Lösung. Ohne, auch nur wenigstens anzudeuten, wie eine solche realisiert werden könnte. Denn dann dürfte sie sich nicht mit dem lapidaren Satz, bewusst undeutlich gelassen: „die Autonomiebehörde muss sich umfassend reformieren“ begnügen. Dann müsste sie wenigstens sehr konkret werden, z.B. mit einer Forderung, die systematische Erziehung zum Judenhass aus dem Alltag von Kindergarten-Zwergen auszumerzen, damit vielleicht einmal eine Generation heranwachsen kann, die nicht jedem Judenhasser hinterher rennt. Dafür müsste sie auch sagen, wie ein Wertesystem geschaffen werden kann, wo nicht die Armut und ein wirres Versprechen von „72 Jungfrauen“ junge Menschen dazu bringt, „in den Dschihad zu ziehen“ und „Märtyrer“ zu werden. Und dazu müsste sie auch aussprechen, dass ein solches Wertesystem auch nicht entstehen kann, wenn „die da oben“ Spendengelder in die eigene Tasche wirtschaften, um in Saus und Braus zu leben, fernab von allen Fronten, in Doha oder Istanbul, und mit Bankkonten „Offshore“.

Und solange Blinken und Baerbock, und die halbe restliche Welt dies bestenfalls hinter vorgehaltener Hand von den Haniyeh, Meshal, Abbas und Konsorten fordern, haben sie kein Recht, von Israel irgendwas zu fordern, was nur in Selbstmord enden kann. Und solange ist es auch ziemlich klar, dass es für Israel wohl keine Alternative zur endgültigen und vollständigen Vernichtung der Hamas, und allen weiternd Gaunern, die es ihnen nachmachen wollen, geben wird.

Ich hoffe, Netanjahu hat es Baerbock heute klargemacht, in den langen Stunden ihrer Besprechungen. Und eventuell hat dann die deutsche Aussenministerin auch verstanden, dass der Regierungschef Israels es nicht nötig hat, gemeinsam mit ihr vor die Presse zu treten, solange diese simplen Wahrheiten nicht angekommen sind.

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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