Ein Sturm braut sich zusammen!

Vor dem olympischen Dorf ist der Erinnerungsort an das Attentat der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September bei welchen elf israelische Sport und ein Polizist das Leben verloren. (Lizenz: imago / Copyright: Andreas Haas)

Letzte Aktualisierung am 1. September 2022 durch Thomas Morvay

Jerusalem/Israel – Am 5. September jährt sich die Ermordung der israelischen Athleten in München zum 50. Mal. Der Freistaat Bayern plant dazu einen Gedenkanlass. Doch es droht in einem Fiasko zu enden: der israelische Präsident Yitzhak Herzog macht seine Teilnahme davon abhängig, ob die Hinterbliebenen auch teilnehmen. Und diese drohen mit Boykott. Wie konnte es soweit kommen?

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Über die Ereignisse rund um das Olympia-Massaker ist schon sehr viel geschrieben worden, das an dieser Stelle auch nicht neu aufgebrüht werden sollte. Ein Aspekt fand jedoch bisher unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Über Geld spricht man bekanntlich nicht. Aber das ist längst vorbei, der Streit um die Entschädigungen hat die Öffentlichkeit bereits erreicht.

Den Hinterbliebenen wurden bisher rund EUR 4.5 Mio. gezahlt, die Bundesregierung erklärte vor wenigen Tagen, aus Anlass des Jahrestages insgesamt EUR 10 Mio. zu bezahlen – abzüglich der bisher geflossenen Zahlungen. Ankie Spitzer, die Witwe des Trainers der israelischen Fechter, soll diesen Betrag – im namen der Hinterbliebenen – nach übereinstimmenden Berichten, als “beleidigend” bezeichnet haben. Es ist auch davon die Rede, die Bundesregierung plane bereits “weitere Anerkennungsleistungen an die Hinterbliebenen”.

Doch das alles würde zunächst, in der öffentlichen Wahrnehmung, wohl hintangestellt werden, wenn am Gedenkanlass reihenweise Stühle unbesetzt blieben. Neben den Hinterbleibenen und dem israelischen Staatspräsidenten hat, dem Vernehmen nach, auch das israelische olympische Komitee sein Fernbleiben angekündigt. Und, Ankie Spitzer sagte heute in einem Interview, die Familien wären “vom britischen Parlament nach London eingeladen”, zu einer Gedenkfeier für die elf ermordeten Sportler eingeladen. Und: “Es ist surreal, aber so ist es”.

UPDATE: Die deutsche BILD-Zeitung hat am Abend aus einem, angeblich ihr vorliegenden, Brief der Familien der Hinterbliebenen zitiert. In den Sozialen Medien ist gleichzeitig ein solcher angeblicher Brief aufgetaucht. Darin wird in starken Worten Kritik an den gegenwärtig involvierten deutschen Politikern resp. den damals verantwortlichen Beamten geübt. Es muss dabei klar festgestellt werden, dass bisher weder die Authentizität des Schreibens bestätigt werden konnte, noch von irgendeiner Seite zum Inhalt Stellung bezogen worden. Etwa zur selben Zeit wurde allerdings das Fernbleiben der Opferfamilien durch die Nachrichtenagentur Reuters als Tatsache verbreitet.

Über Thomas Morvay 310 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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