EU und Terrorfinanzierung

Die nicht enden-wollende Geschichte

Letzte Aktualisierung am 8. Mai 2020 durch Thomas Morvay

Es ist eines der traurigsten Realitäten: die Europäische Union schafft es schlicht nicht, mit dem Erfindungsgeist der Palästinenser mitzuhalten, wenn es um die Abzweigung von Spendengeldern zur Terrorfinanzierung geht. Oder ist gar Absicht dahinter, nicht genauer hinzuschauen?

Der Anstoss zur Reformierung der UNRWA im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts – ein Prozess, an dem auch die Schweiz beteiligt ist, aber von dem man im Alltag erstaunlich wenig Konkretes erfährt – kam aus der Erkenntnis, dass über das Palästinenserhilfwerk Spendengelder abgezweigt wurden. Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) finanzierte daraus u.a. die Schulbücher, mit denen in UNRWA-Schulen gegen Israel indoktriniert und gegen Juden gehetzt wurde. Deutschland machte damals gehörigen Druck, und setzte innerhalb der EU bessere Kontrollen über die Verwendung durch: erst mit dem Instrument “Temporary International Mechanism” (TIM), später im Rahmen des sog. Mechanismus “Palestino-Européen de Gestion at d’Aide Socio-Economique” (PEGASE), welche beide die Entwicklung staatlicher Strukturen und Institutionen in dem Gebiet unter der Kontrolle der PA fördern sollten. Es waren die Jahre, in denen der in den USA ausgebildete und auf beiden Seiten des Atlantik hoch angesehene Salam Fayyad das Amt des Premierministers innehatte.

Nun ist in dieser scheinbar niemals endenden Geschichte eine weitere Wendung bekannt geworden. Bekanntermassen kämpfen verschiedene Aktivisten in- und ausserhalb Israels gegen die unter der englischen Losung bekannte, Praxis “pay for slay” (lose übersetzt: Belohnung für Mord). Gemeint ist die, und von der PA auch nicht bestrittene Tatsache, dass an, in Israel einsitzenden, verurteilten Terroristen sowie deren Familien, monatliche Beträge bis zu mehreren Tausend Schekel bezahlt werden. In den offiziellen Büchern der PA erschienen diese Beträge als Ausgabeposten des Ministeriums für Gefangenenangelegenheiten, bis ins Jahr 2014 sowie in den Jahren 2018-19. Aktuell leistet die Autonomiebehörde diese Zahlungen indirekt, und zwar über Konten der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO. Das berichtet u.a. die aktuelle Onlineausgabe der Jerusalem Post.

Für die PA sind diese Terroristen, die beim Ermorden von unschuldigen Zivilisten selbst ums Leben gekommen sind, oder jene Attentäter, welche von einem israelischen Gericht abgeurteilt worden sind, Helden, ja Märtyrer. Das hat der sog. Präsident der Palästinenser, Mahmoud Abbas, wiederholt öffentlich erklärt, auch im israelischen Fernsehen. Zuletzt im vergangenen Jahr in einem Interview mit der Star-Moderatorin Ilana Dayan. Das ist übrigens derselbe Abbas, der den Anschlag auf das Olympische Dorf in München organisieren half. Derselbe Abbas, für den Europa-Abgeordnete aufstanden und applaudierten, als er vor ihnen im Sommer 2016 eine Rede hielt, in der er die moderne Version der Brunnen-Vergiftungs-Stereotype wiederholte. Der Parlamentspräsident hiess damals übrigens Martin Schulz, der im Anschluss auf Twitter von einer “fantastischen Rede” sprach.

In eine andere Klasse der Mitglieder des Europäischen Parlaments gehört die Rumänin Carmen Avram, Mitglied der Delegation für die Beziehungen zu Israel. Im vergangenen Dezember bat sie den Hohen Vertreter der EU für Aussenpolitik um Antwort auf die Fragen:

  1. Kann die EU mit absoluter Gewissheit versichern, dass ihre Gelder nicht verwendet werden für Zahlungen an die Familien von Terroristen, welche bei Attentaten umgekommen sind oder die in israelischen Gefängnissen einssitzen?
  2. In welcher Weise sind Transparenz und Rechenschaft gewährleistet, wenn es darum geht, die Verwendung von EU Steuergeldern für Zahlungen an die PA zu beleuchten?

Die Ende März publizierte schriftliche Antwort ist von erheblicher Brisanz, wie im folgenden Ausschnitt deutlich wird:

Alle Beiträge aus der EU im Rahmen des PEGASE DFS [Direct Financial Support] Mechanismus durchlaufen hoch-standardisierte Qualitäts-Kontrollen von ex ante Prüfung und ex post Verifizierung, welche durch den European Court of Auditors als robust eingestuft werden. […] Die PA erstellt eine Liste der infrage kommenden Begünstigten, welche durch extern beauftragte Revisoren gecheckt wird, sowie eine zweite Kontrolle durchläuft, welche sicherstellt, dass sie nicht mit Terrororganisationen oder -aktivitäten assoziiert sind. Es werden keine Zahlungen an Begünstigte in diesen Kategorien geleistet.

Quelle: Antwort der EU-Kommission

Und der Vertreter der EU für die Westbank, Gaza und UNRWA erläuterte schriftlich gegenüber Vertretern von Palästinenser-NGOs ausdrücklich:

Quelle: NGO Monitor Twitter feed

Konkret heisst das, dass die Beschränkungen nur Anwendung finden auf Personen, die spezifisch auf besagten Listen aufgeführt sind. Dies ist problematisch, weil es bekannt ist, dass in diversen palästinensischen NGO Leute in verantwortlichen Positionen sitzen, welche mit Terrororganisationen affiliiert sind, etwa der PFLP – eine auch von der EU entsprechend eingestufte Gruppierung. Solange also diese Individuen nicht gelistet sind, dürfen die NGO von der EU mit-finanziert werden. Die auf die Überwachung der Tätigkeiten von problematischen NGOs spezialisierte, in Israel beheimatete, NGO-Monitor, schrieb dazu Ende März die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an.

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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