Terror in Jerusalem

Israelische Sicherheitskräfte am Tatort in Neve Yaakov, Jerusalem heute Abend (Photo credit: Olivier Fitoussi/Flash90)

Letzte Aktualisierung am 29. Januar 2023 durch Thomas Morvay

Jerusalem – Während in Europa heute den ermordeten Juden in der Scho’a gedacht wird, erschiesst ein palästinensischer Araber aus Schuafat mindestens 7 Menschen beim Schabbat-Gebet in der Synagoge und verletzt mehrere weitere Gläubige schwer.

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In Israel ist es kurz nach Beginn des Shabbat, die Betenden sind in den Synagogen versammelt. Im Jerusalemer Viertel Neve Yaakov, in einer orthodoxen Synagoge stürmt ein Angreifer hinein und schiesst auf die versammelten Gläubigen. Nach aktuellen Informationen sind mindestens 7 Menschen tot und zusätzlich befinden sich mehrere Verletzten in bedrohlichen Konditionen im Krankenhaus. Die Opfer gehören verschiedenen Altersklassen zwischen 14 und 70 Jahren, ihre Identitäten werden in Israel erst nach Benachrichtigung der Angehörigen öffentlich gemacht.

Was bisher bekannt ist, stammt der Attentäter, der als 19-jähriger Fadi Ayash in arabischen Medien identifiziert wird, aus dem Ostteil der Hauptstadt, genauer gesagt aus Schuafat. Falls dies zutrifft, muss davon ausgegangen werden, dass der Attentäter ungehindert von irgendwelchen Checkpoints zum Ort des Anschlags gelangen konnte. Es wird die Information verbreitet, er sei im Besitz einer speziellen “blauen Identitätskarte” für palästinensische Araber gewesen, der ihm absolute Bewegungsfreiheit im gesamten Gebiet Israels erlaubt. Dies ist bekannterweise ein kritischer Punkt im israelischen Abwehr-Dispositiv, das die Behörden durch geheimdienstliche Massnahmen kontrollieren. Akktuell wird gemeldet, dass die Israelischen Verteidigungskräfte bereits in Schuafat tätig sind, im Rahmen einer Sicherheitsoperation! Hier ein illustrativer Kartenausschnitt: bereits heute fährt die Stadtbahn entlang Schuafat bis Pisgat Ze’ev, von wo aus Neve Yaakov relativ schnell erreichbar ist. Der Ausbau bis Beve Yaakov verzögert sich, durch die aktuellen Unterbrechungen in den Lieferketten, voraussichtlich bis Ende 2023, wie ein Bericht (in Hebräisch) von Mitte 2022 zu vermelden wusste.

In einem ungewöhlich früh abgesetzten Tweet verurteilte der Botschafter der Europäischen Union bereits den Anschlag:

Ebenso der deutsche Botschafter, der dankensweiterweise auch den Urheber klar benennt:

Derweil feiern Anhänger der Hamas das Attentat:

Einmal mehr tut sich das Schweizer Gratisblatt “20 Minuten” in negativem Sinne hervor, indem es im ersten Bericht zum Attentat Neve Yaakov als Siedlung bezeichnet.

Es ist zutiefst bedauerlich, wenn auch die Administration Präsident Joe Biden, der Vereinigten Staaten sich ausserstande zeigen, den Attentäter resp. seine Herkunft, klar zu benennen. Dies ausgerechnet unmittelbar vor dem Besuch des (jüdischen) Aussenministers in der Region: der Zeitstempel der Pressemitteilung des U.S. Department of State ist 19:47 EST, ein Zeitpunkt, als diese Information bereits durch die israelischen Regierungsstellen offiziell bekannt gegeben war:

Besondere Bedeutung bekommt hierbei der Besuch des CIA-Direktors William J. Burns – er traf am Donnerstag in Jerusalem ein – aber auch die Aussetzung der Sicherheitskoordination mit Israel durch die Palästinensische Autonomiebehörde. Über beide Ereignisse berichtet das Nachrichtenportal Axios, freilich ohne einen direkten Zusammenhang zum Terrorangriff am Freitag Abend herzustellen. Was der Bericht allerdings besonders herausstreicht ist der Umstand, dass nach besagter Aussetzung der Sicherheitskoordination der “Kanal” über den amerikanischen Auslandsgeheimdienst der vielleicht wichtigste “back channel” ist. Der Sicherheitskoordinator ist traditionell ein 2-Sterne General der US Armee. Die letzte bedeutsame Aussetzung der Sicherheitskooperation durch die PA war im Jahr 2020, als Gerüchte aufkamen, Israel stünde unmittelbar vor der Annexion von Teilen der umstittenen Gebiete.

Erste Namen der ermordeten Juden sind eben veröffentlicht worden: Eliyahu und Natalie Mizrahi, ein Ehepaar, das erst vor 2 Jahren geheiratet hat:

Für seine Verhältnisse schnell reagierte auch das deutsche Auswärtige Amt. Es ist leider bisher alles andere als selbstverständlich, dass sich das offizielle Berlin am Wochenende vernehmen lässt:

Nach dem Ende des Shabbat trifft sich das Sicherheitskabinett in Israel:

Die Namen des dritten und vierten Opfers ders Terrorangriffs gestern Abend sind inzwischen bekannt gegeben worden: der 56-jährige Rafael ben Eliyahu und der 14-jährige Asher Natan.

Rafael Ben Eliyahu (Photo: Courtesy)
Asher Natan (Photo: Courtesy)

Inzwischen sind auch die verbleibenden Todesopfer des TRerroranschlags von Freitagabend namentlich bekannt: es sind dies Ilya Sosansky (26), Irina Korolova (59) und Shaul Hai (68). Möge die Erinnerung an sie ein Segen sein.

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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