Historischer Durchbruch

Donnerstag, 13. August 2020 - Oval Office, The White House, Washington DC.Unter den Anwesenden sind, vl.n.r.: unbekannt, Avraham Berkowitz, Assistant to the President and Special Representative for International Negotiations, David Friedman, US Ambassador to Israel , Jared Kushner, Assistant to the President and Senior Advisor United States Secretary of the Treasury Steven T. Mnuchin, and US National Security Advisor Robert C. O Brien - ZUMAs152 20200813_zaa_s152_029 Copyright: xDougxMillsx

Letzte Aktualisierung am 13. August 2020 durch Thomas Morvay

In den 72 Jahren seines Bestehens hat Israel stets die Hand ausgestreckt zu seinen arabischen Nachbarn, um Frieden zu schliessen. Bis heute haben nur Ägypten und Jordanien diese Hand ergriffen. Einer Mitteilung des Weissen Hauses in Washington zufolge, macht sich nun ein weiterer Nachbar auf, diese historische Chance zu ergreifen: die Vereinigten Arabischen Emirate.

(Washington/Jerusalem/Abu Dhabi) – Kurz vor 16 Uhr verliess dr israelische Premierminister Benjamin Netanjahu eine Kabinettsitzung, mit der kryptischen Bemerkung: “Ihr werdet bald wissen, warum ich nun kurz hinaus gehe”. Nicht einmal eine Stunde danach verkündete Donald Trump in Washington einen historischen Schritt: die beiden Verbündeten der USA waren auf Vermittlung der Trump-Administration übereingekommen, ihre diplomatischen Beziehungen zu normalisieren. Als Teil der Übereinkunft wird Israel vorderhand keine weiteren Schritte unternehmen, um seine zivilrechtliche Souveränität über Territorien, welche im sog. Trump-Plan genannt sind, auszubauen.

Es ist noch zu früh, definitive Schlüsse aus dieser wahrlich historischen Ankündigung ableiten zu wollen. Dennoch lohnt sich ein Blick auf ein paar Aspekte. An vorderster Stelle steht dabei: die Formel “Land-für-Frieden” wird, nach 50-jährigem Unterbruch, der alten Formel “Frieden-für-Frieden” weichen. Der letzte arabische Führer, der nach dieser Formel auf Israel zuging, war Anwar el-Sadat. Ägypten erhielt zwar die Sinai-Halbinsel zurück, Sadat jedoch wurde von seinen eigenen Leuten ermordet. Als 15 Jahre später König Hussein von Jordanien mit Israel Frieden schloss, erhielt er nichts von der sog. “Westbank” zurück, das er in einem einseitigen Akt 1950 annektiert hat, und im Sechs-Tage-Krieg von 1967 wieder verlor. Im Gegenteil, er musste Arafats PLO das alleinige Vertretungsrecht der in diesen Gebieten ansässigen Araber – die sich mittlerweile “Palästinenser” nennen – zugestehen. Auch “Oslo”, der glücklose Versuch von Yitzsak Rabin und Shimon Peres, sich mit Yassir Arafat zu einigen, basierte stets darauf, dass die Araber sich um die Errichtung staatlicher Strukturen bemühen würden, und in Anerkennung dafür Souveränität über Gebiete erhielten. Das Versagen der Palästinensischen Autonomiebehörde, sowohl unter Arafat, wie auch unter seinem Nachfolger Abbas, führte zum Ende von “Land-für-Frieden”.

Die Vereinigten Staaten unter Donald Trump erkannten dies, während die Europäer noch immer das tote Pferd ins Ziel prügeln wollen. Als Trumps Vorgänger Obama sich anschickte, ein Abkommen mit dem Iran zu schliessen, liessen sich insbesondere Deutschland und Frankreich damit ködern, dass die Milliarden, welche an Teheran gezahlt wurden, sich in Aufträge für ihre einheimischen Wirtschaften umsetzen liessen. Irans hegemoniale Bestrebungen am persischen Golf und in Richtung Mittelmeerraum lösten Panik aus, und führten letztendlich dazu, dass aus dem in den 198oer Jahren geschaffenen “Gulf Cooperation Council” eine gemeinsame Front, unter der Führung Saudi Arabiens entstand. Israel, das ein vitales Interesse an einer Front gegen die iranische Bedrohung hat, fand jedoch erst unter der Regierungszeit Trumps, ein offenes Ohr in Washington. Das Ergebnis war der Paradigmenwechsel zu regionalen – und eben nicht bilateralen – Lösungsansätzen für den Nahostkonflikt, welche sich im sog. Trump-Plan niederschlugen.

Die nun erfolgreich abgeschlossene Vermittlung der Trump-Administration ist also in diesem Kontext zu sehen. Etwas spekulativ, aber dennoch realistisch erscheint es, dass die Aussöhnung zwischen Israel und den Emiraten als Experiment und Einstieg in eine solche regionale Konfliktlösung dienen soll. Konkret ist zu vermuten, dass auch die Saudis ihr Einverständnis zu diesem Schritt gegeben haben. Hinweise dazu ergeben sich aus der heutigen gemeinsamen Erklärung der 3 Länder: die Gemeinsamkeiten hinsichtlich Chancen und Bedrohungen in der Region einerseits, aber auch die explizite Nennung der heiligen Stätten in Jerusalem, deren Besuch allen friedliebenden Muslimen angeboten wird.

Den Text der gemeinsamen Erklärung – in englischer Sprache – kann man auf der Webseite der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Jerusalem einsehen.

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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