Hamas-Tunnel unter UNRWA-Hauptsitz in Gaza

Demonstranten vor dem Büro von UNRWA in Jerusalem. Aber das dürfte die geringste Sorge von UNRWA-Generalkommissars Philippe Lazzarini sein (Lizenz: imago / UPI; Copyright: Debbie Hill)

Letzte Aktualisierung am 11. Februar 2024 durch Thomas Morvay

Die Israelischen Verteidigungs-Kräfte haben eine Tunnelanlage unter dem Hauptsitz des Flüchtlingshilfswerks der UNO für die Palästinenser in Gaza-City entdeckt. Es sollen sich u.a. eine Geheimdienst-Kommandozentrale und eine Computer Serverfarm in der Anlage befunden haben. Die Armee gab darüber hinaus bekannt, in den oberirdischen Räumlichkeiten Waffen gefunden zu haben.

Heute Abend, zur besten Sendezeit, wie man bei solchen Ereignissen zu sagen pflegt, platzte die Bombe: die israelische Armee hatte während des Tages Journalisten zum Hauptquartier des Hilfswerks geführt, und gewährte ihnen Einblick in ein Tunnelsystem. Von oben, durch eilends für diesen Anlass gebohrten Öffnungen, winkten ihnen israelische Soldaten zu, welche im Innenhof der Zentrale des Hilfswerks standen.

Die Armee erklärte, die Tunnelanlage selbst sei fast einen Kilometer lang, mit Verbindungen zu anderen Tunnels, und mit Räumlichkeiten, von denen aus die Kämpfer der Hamas angeleitet wurden. Und sie fanden auch eine Serverfarm, also eine IT-Zentrale. Es fällt nicht schwer zu verstehen, dass die Hamas gezielt diesen Standort gewählt hat, weil sie sicher sein konnte, an diesem Ort sicher vor den Bomben der israelischen Luftwaffe zu sein.

Nach dem Durchsickern der Nachricht meldete sich der Generalkommissar der UNRWA, der Schweizer Diplomat Philippe Lazzarini auf X, vormals Twitter, zu Wort:

  • UNRWA hatte keine Kenntnis darüber, was sich unter ihrer Zentrale in Gaza befand.
  • UNRWA erhielt erst durch die Zeitungsmeldungen Kenntnis vom Tunnel unter ihrem Hauptsitz in Gaza.
  • UNRWA hat die Zentrale am 12. Oktober verlassen, nachdem sie dazu von Israel aufgefordert worden war, und als die Bombardierung der Gegend zugenommen hatte.
  • Usw.

“Wir haben nichts gewusst!” – woher bloss kommt uns diese Zusicherung so bekannt vor?

Er wirkt heute keineswegs glaubhafter, als vor 80 Jahren!

Im achten Jahrzehnt ihrer Existenz erlebt das Hilfswerk ihre wohl gravierendste, vielleicht gar existenzbedrohende Krise. Es wird immer schwieriger, einen Ausweg aus dem sich zunehmend konkretisierenden Schlamassel zu sehen – wir berichten seit Jahren darüber! Es bleibt immer unverständlicher, wozu denn eine Organisation am Leben gehalten werden, deren einzige Existenzgrundlage doch ist, die Nachfahren von Geflüchteten Arabern aus dem Gebiet des ehemaligen Völkerbundsmandates, mittlerweile in sechster Generation, als Entrechtete in den Israel umgebenden arabischen Gebieten am Leben zu halten, während die fetten Bosse von Hamas in Katar und Istanbul in Saus und Braus leben. Und von dort aus diese Menschen unentwegt aufzufordern, an einem längst unrealistischen “Rückkehrrecht” festzuhalten und dies in der Form von rostigen Schlüsseln vor sich her zu tragen.

Seit mindestens dem Beginn dieses Jahrhunderts – also gut 55 Jahre nach der Gründung von UNRWA – existiert ein Steuerungskomitee, am UN-Hauptsitz in New York, das angeblich unentwegs über Reformen brütet. Möchte man konkreter wissen, worin diese Reformen denn bestünden und ob sie inzwischen irgendwelche Fortschritte gemacht hätten, so wird man mit Floskeln abgespiesen. Nicht nur als Journalist, auch als Parlamentarier. Hinter vorgehaltener Hand und nur unter Zusicherung von Anonymität erfuhren wir im vergangenen Jahr, dass es bei einem Besuch der parlamentarischen Freundschaftsgruppe Schweiz-Israel nicht möglich war, mit Schülern einer UNRWA-Schule in Bethlehem zu sprechen oder Auskunft über die Anpassung der Schulbücher an weniger antisemitischen Inhalte zu erhalten.

Wird das heutige Ereignis, die aktuellen Funde in Gaza, zum sprichwörtlichen Strohhalm, unter deren Last das Kamel zusammenbricht? Uns scheint, die UNRWA ist in ihrer heutigen Form nicht reformierbar. Es reicht längst nicht mehr, diesseits und jenseits der Atlantik den Geldfluss vorübergehend einzufrieren. Wollen sich die Regierungen in Bern, Berlin, Brüssel oder Washington nicht vollends der Lächerlichkeit preisgeben – wie etwa im Filmklassiker “Casablanca” an der Figur des Polizeichefs Renault dargestellt – wird es nun Zeit, echte Veränderungen herbei zu führen! Dann, aber nur dann, würden wir an den “Beginn einer wunderbaren Freundschaft” glauben.

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

2 Kommentare

    • So wie sich der UN-Generalsekretär seit dem 7. Oktober verhält, sollte er zusammen mit der UNRWA zum Teufel gejagt werden! Meine Meinung.

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