Ehre den Gefallenen – Israel gedenkt der Opfer von Krieg und Terror seit 1948

Für einige Momente in Stille verharren, vielleicht eine Trauerkerze entzünden, deren flackerndes Licht auch Trost zu spenden vermag - das Mindeste, was wir tun können!

Letzte Aktualisierung am 24. April 2023 durch Thomas Morvay

Jerusalem/Israel – Heute Abend, nach Sonnenuntergang, beginnt in Israel eine der traurigsten Gedenktage, dem einen Tag später eine der fröhlichsten folgt. An Jom HaZikaron erinnert man sich an die Gefallenen in Israels Kriegen gegen die angreifenden arabischen Armeen, sowie an die Terroropfer verschiedener palästinensisch-arabischen Gruppierungen. Unmittelbar darauf folgend feiert das moderne Israel das 75. Jubiläum ihrer Gründung.

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Dem Trauma der industriellen Ermordung des europäischen Judentums durch Deutschland gedachte Israel vor etwas über einer Woche. Aus diesem Anlass wurde die Zahl der heute noch in Israel lebenden Überlebenden der Schoa mit knapp 150’000 veröffentlicht – das sind rund zwei Prozent der jüdischen Bevölkerung des Landes. In krassem Gegensatz hierzu gibt es hingegen kaum eine Familie, die in der dreiviertel Jahrhundert dauernden Geschichte des Landes nicht mindestens eine Person durch Krieg oder Terror verloren haben!

Wenn morgen ein Tag der Besinnung ist, wenn im Radio nur ernste Klänge ertönen, wenn am Vormittag die Sirenen heulen und das Leben in Israel buchstäblich für zwei Minuten in Schockstarre verharrt, ist es geboten, dass auch wir uns erheben und innehalten. Auch, und gerade in der Diaspora, ist das Begehen dieses Gedenktages wichtig. Schliesslich geht es um Menschen, die auch für uns ihr Leben gaben. Auch, wenn “Nie wieder!” – leider – zu keinem Zeitpunkt eine realistische Forderung gewesen ist, bleibt Israel nicht nur Sehnsuchtsort, aber eben auch letzter Zufluchtsort für alle Juden. Angesichts der aktuellen Entwicklungen, ein absolut essentielle Feststellung, der sich niemand verschliessen sollte.

Es macht traurig, ja sogar wütend, dass auch am Vorabend dieses Gedenktages die Nachricht über einen Terroranschlag in der Hauptstadt Jerusalem – in unmittelbarer Nähe des beliebten Machane Yehuda Shuk – sich ein Anschlag mit fünf Verletzten ereignet hat. Aktuellen Informationen zufolge ist ein 75-jähriger Mann schwer verletzt und vier weitere Menschen mit zum Teil erheblichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Ebenfalls heute entschied das Oberste Gericht, dass palästinensische Araber zur gemeinsam abgehaltenen Feier Tel Aviv – was genau feiern denn die aus den Autonomiegebieten anreisenden Araber am Tag der Gefallenen in Israel – ins Land gelassen werden müssen. Ist das noch Demokratie oder schon Masochismus?

Jom HaZikaron und das unmittelbar darauf folgende Jom HaAtzmaut sind bisher immer symbolträchtig gewesen. Präsentiert wurden die Menschen in Israel als Teil einer grossen Familie, die sich zwar, zumeist lautstark, über die Politik und auch andere Aspekte des Alltags zu streiten pflegen, aber sich zugleich eben einander liebende “Mitglieder der Sippe” (auf Englisch: members of the tribe) präsentieren. Die vergangenen Monate haben tiefe Risse in der Gesellschaft offenbart: bekannte Stimmen stellen offen infrage, ob dies angesichts der sich dem Reservedienst verweigernden Bürger auf der einen, oder den die Wirtschaft bewusst an die Wand fahrenden Politiker auf der anderen Seite noch gegeben ist. Eine traurige Entwicklung, die noch weiter getrieben werden könnte, falls heute und morgen tatsächlich die Friedhöfe zu Stätten des Protests werden sollten!

UPDATE: die Zahl der Verletzten ist inzwischen, nach aktuellen Berichten, auf acht angestiegen. Der Terrorist, der mit einem Wagen in die Menge fuhr, wurde von einem bewaffneten Zivilisten vor Ort ausgeschaltet. Es soll sich um einen im Ostteil der Stadt lebenden Arber mit israelischen Papieren gehandelt haben.

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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