Schlacht um Jerusalem

Die Westmauer
Jerusalem, die Westmauer (Klagemauer)

Heute wird in Israel der Jerusalem-Tag begangen. Festbeginn ist, wie bei allen jüdischen und israelischen Feiertagen, am Vorabend. Aus weltlicher Sicht wird dabei an die Eroberung der Stadt im Sechs-Tage-Krieg von Juni 1967 erinnert, als diese zum ersten Mal seit der Zerstörung des Tempels fast 1900 Jahre zuvor durch die Römer, wieder in jüdische Hand kam. Das Oberrabbinat Israels hat den Tag zudem zu einem religiösen Feiertag erklärt.

(Jerusalem / Israel) – Der Teilungsplan der Vereinten Nationen, der für Jerusalem einen Sonderstatus vorsah, wurde ursprünglich von der politischen Führung der im Land ansässigen Juden akzeptiert, während die palästinensischen Araber ihn von Anfang an ablehnten. Der Kampf um die Stadt entbrannte bereits im Dezember 1947: die Kräfte der Araber besetzten die umliegenden Hügel und errichteten so einen Belagerungsring. Erst im Frühjahr 1948 gelang es den jüdischen Kräften der Palmach und Haganah, über die sog. “Burma-Strasse” die Belagerung zu umghen und die Bevölkerung der eingeschlossenen Stadt mit Nahrung und Medikamenten zu versorgen. Die UNO hielt sich in jener Zeit zurück, ebenso wie die noch verantwortliche britische Mandatsmacht. Deshalb erachtete nun auch die jüdische Führung die Bestimmung im Teilungsplan, Jerusalem einen Sonderstatus einzuräumen, als nichtig. Im Ergebnis musste die Altstadt, das Jüdische Viertel, evakuiert werden, und der Ostteil geriet in die Hände des HaschemitenreichsJordanien. Diese zerstörten nicht nur die zum Teil Jahrhunderte alten Synagogen und andere Kultstätte der Juden, Jordaniewn annektierte 1951 den Ostteil der Stadt. Was allerdings ausser den Briten niemand anerkannte.

Im Sechs-Tage-Krieg sah sich Israel erneut umzingelt, und lancierte nach der Schliessung der Strasse von Tiran im Süden, und der Mobilisierungen im Sinai und den Golanhöhen, einen Präventivschlag. Am dritten Tag des Krieges ergab sich die Möglichkeit, in den Ostteil Jerusalems vorzustossen, und Israel erlangte tatsächlich die Hoheit über die gesamte Stadt. Die Rückeroberung der Westmauer und des Tempelbergs war die Erfüllung der, über fast zwei Millenien aufrecht erhaltenen Traumes. Die politische Führung sah sich allerdings massivem Druck ausgesetrt, und übertrug die Verwaltung des Tempelberges, mit dem Felsendom und der Al-Aksa Moschee der jordanischen Waqf. Der im Jahr 1994 mit Jordanien geschlossene Friedensvertrag anerkennt ausdrücklich das Haus der Haschemiten, der Könige Jordaniens seit 1949, als Beschützer der islamischen Heiligtümer in Jerusalem an. Seine weltlichen, politischen Ansprüche zur Vertretung der in den “besetzten Gebieten” der “Westbank” ansässigen Araber, hatte zu diesem Zeitpunkt König Hussein bereits zugunsten der sog. Palästinensischen Befreiungsbewegung (PLO) Yasser Arafats abgetreten.

Dass Jerusalem eine besondere Bedeutung in allen drei Weltreligionen zukommt, ist unbestritten. Politisch aber, gab es in den 3.5 Jahrtausenden seit der Errichtung Jerusalems durch den jüdischen König David keine Macht, ausser Israel, das Jerusalem als Hauptstadt für sich beansprucht hätte: für die Osmanen war es bloss eine Stadt in der Provinz um Damaskus, im Mandatsgebiet der Briten nur ein Verwaltungszentrum. Selbst die im Land ansässigen Araber erachteten sie nicht als politisches Zentrum, die Position des Grossmuftis von Jerusalem war eine Schöpfung der britischen Eroberer 1918. Dass der Familienklan der al-Husseinis daraus Kapital zu schaffen vermochte, dass der Ruf “die Juden wollen die Al Aksa zerstören” zu einem Aufruf zu Pogromen werden konnte, ist dem politischen Bestreben, eine arabische Nationalbewegung als Gegenpol zum Programm der Zionisten zu errichten, geschuldet. Selbst der Übervater der panarabischen Bewegung, der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser, sah in Jerusalem nichts mehr als eine Positionierung seines Konkurrenten Hussein von Jordanien.

Diese Verhärtung der Fronten vermochte niemand aufzubrechen – bis in Washington ein TV-Star Präsident wurde, der mit seiner Positionierung zugunsten Israels nur seine politische Basis der Evangelikaner bedient, während die grösstenteils liberal eingestellten amerikanischen Juden sich nach wie vor hinter der Partei der Demokraten scharen. Trump schafft es, durch seine wahltaktisch motivierte Polarisierung den “bi-partisan” Konsens zu überwinden, und für sich zu nutzen. Das sehen nicht alle Juden, und nicht alle Israelis, als positive Entwicklung an. Es mag sich unter Trump die Erfüllung eines Traumes manifestiert haben: ein Jerusalem, eine ungeteilte Hauptstadt Israels – dazu hat der amerikanische Präsident seit 2017 mehr beigetragen als das Jerusalem-Gesetz, das seine Vorgänger nicht anerkannt haben. Dennoch, die Trumps dieser Welt kommen und gehen. Aber die Verheissung, das Versprechen “nächstes Jahr in Jerusalem” ist zeitlos. Und das zu feiern, an diesem Jerusalem-Tag, ist nicht politisch opportun, es ist sogar geboten.

About Thomas Morvay 340 Articles
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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