(Jerusalem/Israel) – Über die kommenden 2 Wochen verteilt, finden in Israel drei wichtige, weltliche Gedenktage statt: Erinnerung an den Holocaust, an die gefallenen Soldaten und Terroropfer sowie der Tag der Unabhängigkeit des modernen Israel.
Im jüdischen Leben sind Freud und Leid schon immer nahe beieinander gewesen. Das wird deutlich u.a. im Gebet für den Verstorbenen (Kaddisch), wo nicht der Tod, aber das Leben gepriesen wird: “Er belebt die Toten, und führt sie empor zu ewigem Leben”. Auch steht der Trauernde nicht allein, sondern er wird von der Gemeinschaft getragen. Deshalb messen die Gelehrten schon im Kaddisch der von der Gemeinde “laut und deutlich” zu gebenden Antworten, aber noch mehr der Tradition der Besuche im Haus der Trauer, durch Anverwandte und Freunde, überragende Bedeutung zu. Nirgendwo wird dies deutlicher, als wenn an den Feiertagen der Erinnerung an die Shoah und an die Gefallenen in ganz Israel die Sirenen ertönen, und das gesamte Land in Stille verharrt. Niemand, der dieser Zeremonie je beigewohnt hat, wird sich der Symbolik entziehen können: das Volk Israels steht zusammen, neigt sein Haupt im Gedenken an die Opfer und wird sich der Kraft des Lebens bewusst.
Jom Ha’Schoah, der Gedenktag an die 6 Millionen ermordeten Juden in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten, beginnt heute bei Sonnenuntergang. Die Einmaligkeit dieses Verbrechens gegen die Menschlichkeit hat von seiner Suggestivkraft selbst 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nichts von seiner Heftigkeit eingebüsst. Dennoch stellt sich zunehmend die Bedeutung des Aussterbens von Zeitzeugen für die Erinnerungskultur und der Wissensvermittlung an die nachfolgenden Generaltionen heraus. Noch haben sich auch längst nicht alle europäischen Völker zu ihrer historischen Verantwortung bekannt, wenngleich insbesondere die Haltung zB. von Österreich eine zu unterstützende und begrüssenswerte Wende in den letzten Jahren genommen hat. Nationalistische Bestrebungen, wie etwa in den Ländern Ost-Mitteleuropas, insbesondere Polens und Ungarns, geben Anlass zur Sorge, in den jüdischen Bevölkerungen europaweit, wie auch in Israel selbst.
Der Staat Israel und seine Bürger stehen seit Anbeginn ihres Bestehens unter existenzieller Bedrohung. Bereits zur Zeit des Völkerbund-Mandats waren arabische Terroranschläge an der Tagesordnung, bis hin zu pogromartigen Gewalttätigkeiten in einzelnen Jahren: so etwa das Massaker von Hebron in 1929 oder die arabische Revolte der Jahre 1936-39. Nach der Staatsgründung waren es insbesondere die beiden als Intifada bekannten Aufstände der palästinensischen Araber, die Angst und Schrecken, und leider auch zahlreiche Opfer, über die Bevölkerung brachten. Ihrer gedenkt die Nation am kommenden Dienstag, am diesjährigen Jom Hazikaron genauso, wie den in den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und seinen Nachbarn getöteten Soldaten. Die im Gazastreifen herrschende Hamas benutzt heute noch die Leichname getöteter Soldaten des IDF als Faustpfand. Der ebenfalls in Gaza verschleppte israelische Soldat Gilad Schalit kam nach 5-jähriger Gefangenschaft im Rahmen eines Austausches frei, während der über dem südlichen Libanon abgeschossene Navigator Ron Arad noch immer als verschollen gilt.
Unmittelbar auf diesen Trauertag folgt dann am Mittwoch der Feiertag zur Staatsgründung, Jom haAtzma’ut. Man feiert damit die Verlesung der Unabhängigkeitserklärung und somit die Gründung des modernen Staates Israel, rund 1900 Jahre nach dem Untergang des antiken Israel, der Zerstörung des Zweiten Tempels in Jerusalem und der Niederschlagung des Bar-Kochba Aufstandes durch die Römer. Normalerweise wird an diesem Tag viel in den Strassen getanzt, und auch sonst in vielfältiger Weise Lebensfreude gezeigt. Bedingt durch die Corona-Pandemie wird es im aktuellen Jahr wesentlich ruhiger zu und her gehen. Doch besteht kein Zweifel daran, dass nach der Dunkelheit und Schwere der beiden ersten Gedenktage an diesem Feiertag Licht und Freude vorherrschen werden, mit denen die Verwirklichung des zionistischen Traums von Theodor Herzl gedacht wird: die Errichtung einer Heimstätte für die verfolgten Juden in aller Welt. Und das hat gerade in dieser Zeit eine ganz besondere Bedeutung: haben wir nicht gerade vor wenigen Tagen, am Ende des ersten Abends des Pesach-Festes nicht das Versprechen erneuert, “nächstes Jahr in Jerusalem” zu sein?
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