Drei mal Nein – vier mal Ja?

Der amerikanische Präsident Donald Trump am 23. Oktober 2020 im Oval Office, anlässlich einer Konferenzschaltung mit den Regierungschefs Israels und des Sudan, zur Ankündigung der Aufnahme voller diplomatischer Anerkennung zwischen den beiden Ländern. (Photo Credit: imago images / UPI Photo; Lizenz: Web) U.S. President Donald Trump speaks on a conference call with leaders of Israel and Sudan and to members of the media about a Sudan-Israel peace agreement at the White House in Washington, DC, on Friday, October 23, 2020. President Trump announced that Israel and Sudan will start to normalize ties. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY WAP20201023912 LEIGHxVOGEL

Letzte Aktualisierung am 24. Oktober 2020 durch Thomas Morvay

Die 3 “Nein“ der Arabischen Liga, am 1. September 1967 aus Khartoum: kein Frieden mit Israel, keine Anerkennung Israels und auch keine Verhandlungen mit Israel, sie galten im Wesentlichen während 53 Jahren. Dann traten 3 „Ja“ an ihre Stelle, innerhalb von weniger als einem Monat: Aufnahme voller diplomatischen Beziehungen, ausgesprochen von 3 arabischen Ländern, Vereinigte Arabische Emirate, Königreich Bahrain und nun Sudan.

Bereits am Mittwoch gab der US-Aussenminister Michael Pompeo seiner Hoffnung Ausdruck, der Sudan möge Israel bald formell anerkennen. Dies, nachdem die Vereinigten Staaten den afrikanischen Staat von der Liste der Terrorismus-Unterstützer gestrichen haben. Sudan, das darf man nicht vergessen, stand seit 1993 auf dieser Liste, es war direkt involviert in die Bombenanschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tanzania, der diktatorisch herrschende Omar al-Bashir hatte den Erzfeind Osama-bin-Laden offiziell empfangen. Al-Bashir verlor die Macht im vergangenen Jahr, gegenwärtig laufen Bemühungen um seine Auslieferung an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, für u.a. den in Darfur begangenen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Nach der heutigen Ankündigung in Washington kommt man nicht herum, die Möglichkeit eines vierten „Ja“ in Erwägung zu ziehen: jenes der US-Wähler, mit anderen Worten die Wiederwahl Donald Trumps am 3. November. Nun muss gesagt werden, dass amerikanische Wahlen in den seltensten Fällen durch die Aussenpolitik entscheidend beeinflusst werden. Einmal war dies der Fall, als Jimmy Carter nach nur einer Amtsperiode gegen Ronald Reagan unterlag. Zum anderen war die Wahl von George H.W.Bush zweifellos die vom Wähler gewünschte Verlängerung der aussenpolitisch sehr erfolgreichen Zeit Reagans, der den Fall der Berliner Mauer als Kulmination seiner Aussenpolitik, zusammen mit seinem Vize, für sich verbuchen konnte, aber nach 2 Amtsperioden nicht mehr antreten durfte.

Wenn heute selbst der renommierte CNN-Reporter Nic Robertson erklärte, Trump wäre dort erfolgreich, wo andere vor ihm versagt hätten, dann muss man diese Möglichkeit nun ernsthaft in Erwägung ziehen. Nach meiner Einschätzung ist dazu notwendig, dass Trump den Wählern glaubhaft erklären kann, er hätte mit den zweifelsohne intensivierten Bemühungen nicht blossen Wahlkampf, zur Gewinnung seiner evangelisch-klerikalen Klientel, betrieben. Es muss im nationalen Sicherheitsinteresse der Vereinigten Staaten sein, nicht etwa um die palästinensischen Araber politisch zu marginalisieren, sondern um eine Befriedung des Nahen und Mittleren Ostens herbeizuführen, und insbesondere die Front gegen den Iran damit zu stärken. Und dies ist kein einfaches Unterfangen, nachdem es aufgrund verschiedener Umstände in den aktuellen Debatten der beiden Präsidentschaftskandidaten keinen Block zur Aussenpolitik gegeben hatte.

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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