Letzte Aktualisierung am 23. April 2020 durch Thomas Morvay
(Jerusalem/Israel) – Heute um Mitternacht endet die Frist fürs Mandat, in der Blau-Weiss Leader Benny Gantz eine Regierungskoalition gebildet haben muss. Wie es sich in Israel eingebürgert hat, ist der Ausgang selbst jetzt noch ungewiss: eine Grosse Koalition oder, noch einmal, Neuwahlen?
Am Anfang war der Ausstieg von Avigdor Liberman und seiner Jisrael Beitenu, vorgeblich aus dem Anlass eines Waffenstillstands mit der in Gaza regierenden Hamas. Damit war die Mehrheit der Regierungskoalition in der Knesset, dem israelischen Parlament auf eine einzige Stimme geschrumpft. Der seit Jahren von der Linken mit Korruptionsvorwürfen eingedeckte Ministerpräsident Netanjahu – der notabene mittlerweile den Staatsgründer David Ben-Gurion als der am längsten amtierende Regierungschef abgelöst hat – wählte vorgezogene Neuwahlen als Ausweg. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, im Februar 2019, was auf das Land in den darauffolgenden Monaten zukommen würde.
Eine erste Wahl im April des vergangenen Jahres gewann der mittlerweile unter Anklage stehende Netanjahu hauchdünn vor der neuen Allianz Blau-Weiss, in der sich 3 ehemalige Generäle – Benny Gantz, Gaby Ashkenazi und Mosche Jaalon – an der Spitze ihrer jeweiligen Bewegungen, sowie der links-liberale Jair Lapid zusammengetan haben. Weder Netanjahu noch Gantz gelang in der Folge die Regierungsbildung, sodass es zu 2 weiteren unergiebigen Runden, im September 2019 sowie März 2020 kommen musste. Immerhin schien es zunächst, als hätten sich die Hauptakteure endlich der Erkenntnis gebeugt, dem Wahlvolk keinen weiteren Urnengang zumuten zu wollen.
Dann brach die Koalition Blau-Weiss an inneren Querelen auseinander, denn Gantz hätte selbst für eine Minderheitsregierung die Duldung der Vereinigten Liste der Parteien der israelischen Araber gebraucht. Daraufhin trat Benny Gantz mit Netanjahu in GEespräche ein, um unter der heranbrechenden Corona-Krise einen Ausweg aus der Pattsituation zu finden. Seine erzürnten Mitstreiter wandten sich von ihm ab, und auch innerhalb seiner eigenen Bewegung gab es Dissidenten. Immerhin aber war es Gantz gelungen, in der inzwischen vereidigten 22. Knesset wichtige Komitees und auch das Amt des Parlamentssprechers zu besetzen.
Gantz wollte eine Verlängerung seines Mandats um 14 Tage erreichen, jedoch entsprach Präsident Rivlin diesem Wunsch nicht, und gab gestern bekannt, dass er anschliessend auch nicht Netanjahu mit einer Regierungsbildung beauftragen würde. Das bedeutet, entweder raufen sich die beiden Hauptakteure noch vor Mitternacht zusammen, oder es kommt zu einer dreiwöchigen Phase, wo aus der Mitte des Parlaments jeder Regierungschef werden kann, der es schafft, auf die Mehrheit von 61 Sitzen schafft. Scheitert dieser Versuch, käme es automatisch zur 4. Runde, voraussichtlich Anfang Juli. Was zwar niemand will, aber …..
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