Die EU negiert Israels Recht auf Selbstverteidigung

Seit den Terroranschlägen vom vergangenen Wochenende wird die Grenzpolizei in der israelischen Hauptstadt durch Einheiten der "Givati"-Elitebrigade (violette Mützen) verstärkt. (Photo credit: imago/ZUMA; Copyright: Nir Alon)

Letzte Aktualisierung am 2. Februar 2023 durch Thomas Morvay

Brüssel – Am vergangenen Samstag veröffentlichte die Pressestelle des sog. Hohen Vertreters der Europäischen Union für Aussen- und Sicherheitspolitik zwei Stellungnahmen mit der Thematik Israel. Eine galt der Antiterror-Operation in Jenin, die andere den beiden Terroranschlägen in Jerusalem. Unterschiedlicher könnten sie nicht sein, und sie lassen nur einen Schluss zu: wenn es um palästinensischen Terror geht, ist die EU blind – weil nicht sein kann, was nicht sein darf?

Letzte Aktualisierung: [last-modified]

On Thursday in Jenin, at least nine Palestinians were killed and more than 20 were injured during an operation by the Israeli Defence Forces. This brings the number of Palestinians killed in the West Bank to 30 since the start of this year. Last year, more than 150 people were killed by Israeli forces in the West Bank, including 30 children, the highest number since the end of the second intifada in 2005.

The European Union fully recognises Israel’s legitimate security concerns, as evidenced by the latest terrorist attacks, but it has to be stressed that lethal force must only be used as a last resort when it is strictly unavoidable in order to protect life.

The EU is very concerned by the heightened tensions in Israel and the occupied Palestinian territory. We call on both parties to do everything possible to de-escalate the situation and to restart security coordination, which is vital to prevent further acts of violence.

Stellungnahme zu den “Ereignissen in Jenin”, 28. Januar 2023

The European Union is horrified by yesterday’s appalling terror attack in a Jerusalem synagogue, that killed at least seven people and left many injured, as they attended Shabbat service, and by this morning’s attack in East Jerusalem, which left two victims injured, one seriously. The EU strongly condemns these acts of insane violence and hate.

These terrible events demonstrate once again how urgent it is to reverse this spiral of violence and engage in meaningful efforts to restart peace negotiations. We call on all parties not to react to provocations.

Stellungnahme zu Terroranschlägen in Jerusalem, 28. Januar 2023

Wir halten fest: die Antiterror-Operation ist eine in einer langen Reihe, aus EU-Perspektive nicht gerechtfertigter äusserster Gewalt gegen Palästinenser, die beiden Anschläge finden im luftleeren Raum statt und sind bestenfalls vereinzelte “verrückte Akte von Gewalt und Hass”. Da nützt es auch nichts, wenn man “Israels legitime Sicherheits-Besorgnisse” anerkennt, denn im selben Satz wird implizite in Frage gestellt, dass diese zu verhältnismässigen Reaktionen führt. Es wird pauschal von “30 Toten seit Jahresbeginn” und “150 Menschen im vergangenen Jahr” gesprochen, ohne auch nur den geringsten Verweis darauf, dass dies in der überwiegenden Mehrzahl Angehörige von Terror-Milizen sind, von denen Teile gar mit Geldern der EU durchgefüttert werden. Weiter wird durch die Wortwahl das palästinensische Narrativ insinuiert und befürwortet, die Verteidigungsstreitkräfte Israels wären die Mörder, nicht die sie angreifenden Terroristen, die dadurch der drohenden Festnahme sich entziehen wollen. Und anscheinend manifestieren sich die “erhöhten Spannungen” aus dem luftleeren Raum, denn dazu gibt es keine perspektivischen Angaben – ganz im Gegensatz – wie oben dargelegt – zur Einordnung der 150 Getöteten im vergangenen Jahr, darunter Kinder, die höchste Zahl seit Ende der Zweiten Intifada im Jahr 2005.

Es sei an dieser Stelle ein kurzer Exkurs zu Jenin und dem gleichnamigen sog. Flüchtlingslager gestattet. Seit den Oslo-Verträgen wird Jenin der sog. “Area A” zugerechnet, in der die Autonomiebehörde (PA)vollständige innenpolitische Kontrolle hat. Diese spricht denn auch, seit etwa 2013, vom “Staat Palästina”. Und niemand kommt auf die Idee nachzufragen, warum dann ein seit 1953 errichtetes “Flüchtlingslager” nach wie vor in dieser Form unterhalten wird? Bereits zu Beginn der Zweiten Intifada war in diesem Lager, wo gemäss Oslo die PA auch und insbesondere für Sicherheitsbelange zuständig. Dennoch galt es als Brutstätte der Extremisten, sodass die israelische Armee das Lager im Jahr 2002 besetzte, denn das in Oslo ausgehandelte Sicherheitssystem war, wohlwollend betrachtet, zusammengebrochen. Seit 2005 läuft die Sicherheitszusammenarbeit zwischen Israel und der PA über einen US-Koordinator (USSC) – bis vor Kurzem ein 3-Sternegeneral (lieutenant general), wobei es in der gegenwärtigen Biden-Administration Bestrebungen gibt, diesen aus Kostengründen bis zu einem Obersten zurückzustufen. Die PA hat die Sicherheitskoordination mehrfach “aufgekündigt”, nur um sie wieder nach kurzer Zeit aufzunehmen. Realistischerweise ist die PA ohne diese Unterstützung überhaupt nicht lebensfähig, zudem sind sowohl die USA wie auch Israel an ihr interessiert.

Ganz anders die zweite Meldung, aus der keineswegs klar wird, dass die Ermordeten Juden in ihrem Gebetshaus sind, und in der ebenfalls unterschlagen wird, dass der Angreifer der zweiten Tat ein 13-jähriges, seit Kindergartentagen indoktriniertes Opfer eines, auch und insbesondere durch die Europäische Union finanzierten, Erziehungssystems ist. Wie unzählige Auswertungen der Schulbücher und zalhreiche filmischen Belege zeigen, sind die EU und ihre Mitgliedsländer nicht imstande, die politische Färbung zur Bedingung zu machen, dass Gelder weiterhin fliessen. Dabei haben sie es schon einmal geschafft: in den letzten Jahren des ersten Dekade dieses Jahrhunderts, als in Ramallah neben einem jüngeren Mahmud Abbas der in den USA ausgebildeter Ministerpräsident Salaam Fayad ernstzunehmende Anstrengungen unternahm, der Korruption Einhalt zu gebieten und so etwas wie staatliche Institutionen zu kreieren. Bis er seinem Chef und dessen Machenschaften zu nahe kam und von diesem in die Wüste geschickt wurde.

Wir haben die Pressestelle mehrfach um Stellungnahme gebeten, unserre Anfrage wurden auch nachweislich gelesen – und bis dato ignoriert. Wie es scheint, ist Blindhet und Taubheit in Brüssel institutionalisiert. Aber nur, wenn es um Palästinenser geht!

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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