Antisemitische Taten auf Höchststand

Bundesminister Horst Seehofer (Quelle: Henning Schacht)
Portrait Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) am 19042018 in Berlin. ( © Henning Schacht Leuthener Str. 1 - D 10829 Berlin - phone (+49) 0177 6443393 -www.berlinpressphoto.de )

An einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten der deutsche Innenminister Horst Seehofer und der Präsident des Bundeskriminalamtes Holger Münch gestern die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) sowie die Fallzahlen der politisch motivierten Kriminalität (PMK) des Jahres 2019 vor. Dabei besonders beunruhigend ist die Zunahme um 13% der antisemitischen Straftaten auf ein Rekordniveau von 2’033 Delikten.

(Berlin) – Gemäss Seehofer ist die Zahl der Straftaten bereits im dritten Jahr in Folge in 2019 gesunken: “mit 5.3 Millionen Straftaten verzeichnen wir einen Rückgang der Straftaten bei gleichzeitigem Wachstum der Bevölkerung”. Doch zeigte sich der Minister besorgt über die Zunahme um 14% der politisch motivierten Kriminalität. Das sei der zweithöchste Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2001. Die grösste Bedrohung ginge dabei vom Rechtsextremismus aus, stellte Seehofer fest.

Unter den politisch motivierten Straftaten, welche mit 41’177 für 2019 beziffert werden, und die damit um 14.2% höher als im Vorjahr ausfielen, steht an erster Stelle die Kategorie “PMK-rechts-“. Sie stellt damit mehr als die Hälfte am Gesamtstraftatenaufkommen dar und verzeichnet einen Anstieg um 9.4% gegenüber dem Vorjahr. Auch war die Anzahl in dieser Kategorie verzeichneter Straftaten nur im Jahr 2016 höher als 2019.

Gesamtstraftatenaufkommen der letzten zehn Jahre (2010-2019)

Entwicklung des Gesamtstraftatenaufkommens nach Phänomenbereichen im Verlauf der letzten zehn Jahre (2010-2019)

Quelle: Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2019, Bundesweite Fallzahlen - 12. Mai 2020  BMI

Phänomen2010201120122013201420152016201720182019
PMK -rechts-16'37516'87317'61617'04217'02022'96023'55520'52020'43122'342
PMK -ölinks-6'8988'6736'1918'6738'1139'6059'3899'7527'9619'849
PMK -nicht zuzuordnen-2'9903'6462'7655'0565'0184'3915'2336'5144'5976'664
PMAK153256179167390345597000
PMK -ausl. Ideologie-0000000233425351
PMK - rel. Ideologie0000000925848
PMK gesamt2'6363'1082'4642'8483'3684'4024'3113'7543'3662'832

Gemäss der Definition des BKA gelten Straftaten als “PMK -rechts-“, wenn “in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte” vorlägen, dass sie “nach verständiger Betrachtung einer ‘rechten’ Orientierung zuzurechnen seien”. Dabei spiele zunächst keine Rolle, ob die Tat extremistischer Natur sei oder nicht. Extremisten ist nach dieser Definition, auch im Rahmen der Rechtsprechung, eigen, dass sie gegen die freheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Sie wollen bestimmte Verfassungsgrundsätze beseitigen oder ausser Geltung setzen.

Von 1’799 im Vorjahr stieg 2019 die Zahl als antisemitisch motivierter Straftaten auf 2’032, was einer Zunahme um 13% entspricht. Sie sind Teil des vom Bundeskriminalamt als “Themenfeld Hasskriminalität” bezeichnet wird. Der überwiegende Teil dieser Straftaten wird dabei der “PMK -rechts-” zugeordnet.

Entwicklung und Zuordnung der Hasskriminalität 2017-19
Quelle: Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2019, Bundesweite Fallzahlen - 12. Mai 2020 BMI
Phänomen201920182017
PMK -rechts-1'8981'6031'412
PMK -links-6141
PMK -ausl. Ideologie-5710241
PMK -rel. Ideologie-245230
PMK -nicht zuzuordnen-472820
Gesamt2'0321'7991'504

“Ausgrenzung, Hass und Gewalt erzeugen – verstärkt durch soziale Medien und Internet – ein Klima von Einschüchterung und Angst” seien charakteristisch für Hasskriminalität. Der Begriff ist an den international eingeführten Begriff “hate crime” angelehnt. Es seien dies gemäss Definition “politisch motivierte Straftaten, wenn […] sie aufgrund von Vorurteilen des Täters” etwa auf Grund von Nationalität, ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit, sozialem Status, sexueller Orientierung, usw. begangen werden. Zu diesem Phänomen gehört auch der Antisemitismus, dem das BKA eine seit jeher wichtige, die Szene verbindende Elementen-Eigenschaft der rechten Szene zuschreibt.

Dass Horst Seehofer auch gestern betonte, er sei nicht “auf dem linken Auge blind”, hat konkrete Gründe: weil die Zuordnung “PMK -rechts-” oder “PMK -links-” das Eingangsprinzip gilt, also die Einteilung vor Aufnahme der Untersuchung geschieht, werde das eine Phänomen gegenüber dem anderen aufgewertet. So lautet eine häufig geäusserte Kritik an den Zahlen der Polizei und auch des Verfassungsschutzes. Erstmals laut wurde diese Kritik im Rahmen der Aufarbeitung der sog. NSU-Morde, und die konnte bis heute leider nicht entkräftet werden.

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Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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