Wozu die endlose Agonie?

Shiri, Ariel und Kfir Bibas werden in Särgen nach Israel zurückkehren. Das wurde am Mittwochabend zur traurigen Gewissheit. (Lizenz: imago; Copyright: Starface)

Die Familie Bibas, Shiri und Yarden, sowie ihre beiden Kinder Ariel und Kfir, sind weltweit zu den Gesichtern des auf den 7. Oktober 2023 folgenden menschlichen Dramas von Verschleppung und Folter in Gefangenschaft geworden. Im deutsch-sprachigen Raum – sie besitzen auch die deutsche Stattsbürgerschaft, auch wenn man davon fast nur hinter vorgehaltener Hand sprach – war es über nunmehr mehr als 500 Tagen sehr leise, um nicht zu sagen still.

Vor fast drei Wochen, bei seiner Freilassung, erklärte Yarden Bibas, dass er nie geglaubt habe – wie seine Peiniger ihm schon früh, und danach immer und immer wieder, glauben machen wollten – dass seine Familie nicht mehr lebe. Bis heute klammert er sich an die Hoffnung, seine Lieben bald in die Arme schliessen zu können. Was muss es daher für ihn bedeuten, als er am Mittwoch erfährt, dass im Zuge der finalen Runde der ersten Phase, bei der insgesamt 33 Menschen aus den Fängen der Terrorbanden freikommen sollen, die Leichen seiner Angehörigen übergeben werden?

An diesem Punkt endet meine journalistische Pflicht, welche von mir verlangt, dass ich das berichte, was ist. In mir steigen Trauer, Wut, Verzweiflung auf, über das Unfassbare. Ich ringe um Fassung, ich finde keine Worte, die diese Fakten in angemessener Weise reflektieren würden. Ich denke statt dessen an Worte, die jene gesprochen haben, die aus der Hölle zurückkamen: wo war Gott? Rabbi Jonathan Sacks hat dazu hier etwas gesagt:

An Symbolgehalt kaum zu übertreffen: das einzige Mal, dass das Internationale Komitee des Roten Kreuzes die Familie Bibas in Gaza besucht hat, als die Terroristen die Leichen von Shiri, Ariel und Kfir in Holzsärgen übergeben! Henri Dunant rotiert im Grab – und mir fehlen die Worte! (Symbolbild)

Der israelische Premierminister erklärt in einer Botschaft unter seinem Twitter-Account:

Tomorrow will be a very difficult day for the State of Israel. A wrenching day, a day of grief. We are bringing home four of our beloved hostages, deceased. We embrace the families, and the heart of the entire nation is torn. My own heart is torn. So is yours. And all of the world’s heart should be torn, because this demonstrates who we are dealing with, what we are dealing with — with such monsters. We are grieving, we are in pain, but we are also determined to ensure that such a thing never happens again.

Prime Minister of Israel on X, am 19. Februar 2025

“Was sind das für Tiere ….” habe ich auch heute Morgen in Kommentaren im Netz immer wieder gelesen. Aber das tut den Tieren Unrecht! Am TV-Bildschirm flimmern die Bilder einer jubelnden Menschenmenge, vermummte Kämpfer mit Maschinengewehren, auch da – die Hamas inszeniert sich! Kein Tier ist so herzlos!

Es fällt schwer, nicht an Rache zu denken!

Rund einen Tag nach der Übergabe der 4 Särge: Israel gibt bekannt, dass die Leichen der Kinder identifiziert sind. Nicht bestätigen lässt sich allerdings die Identität ihrer Mutter, Shiri Yarden! Was sind das für Barbaren. Spielen sie mit unseren Gefühlen, die nicht einmal den Toten Achtung entgegen zu bringen fähig sind – sadistisch und menschenverachtend? Oder sind sie gar unfähig – höhnisch und primitiv?

Dieser Beitrag wurde aktualisiert durch Thomas Morvay, vor 4 Wochen

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Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

1 Comment

  1. Kompliment, Du hast es auf Punkt gebracht. Jonathan Sacks ist sehr passend auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin.Du hast recht, es gibt keine Worte die dieses UNFASSBARE wiedergeben.

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