Wiedergeburt der Überparteilichkeit in Washington?

In 33 Tagen wird auf den Stufen des Capitols ein neuer US-Präsident vereidigt. Auf den, aller Voraussicht nach neuen, Bewohner des Weissen Hauses wartet eine Herkulesaufgabe: nach Jahrzehnten zunehmender Polarisierung gilt es die trennenden Gräben des zutiefst gespaltenen Amerikas irgendwie zu überbrücken.

Nirgendwo wird wohl diese Spaltung mit grösseren Argwohn betrachtet als in Israel. Der jüdische Staat erlebte erst unter dem Präsidenten Barack Obama eine Anbiederung an den ärgsten regionalen Feind Israels, den Mullah-Regime in Teheran, gefolgt von einer plakativ pro-israelischen Haltung durch dessen Nachfolger Donald Trump. Parallel hierzu verloren die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus und es droht ihnen sogar der Verlust der Senatsmehrheit, falls bei der Wahl im Januar 2021 im Bundesstaat Georgia an die Demokraten geht.

Im Lichte dieser besonderen Entwicklungen überrascht es nicht, wenn nun beide Seiten aufeinander zugehen, bei dem Politikfeld, das traditionell über dem Parteienzank war: die Sicherheit des Staates Israel. Das am Ende der Präsidentschaft Obamas unterzeichnete “Memorandum of Understanding” wurde als “United States – Israel Security Assistance Authorization Act in Gesetzesform gebracht und passierte den Senat mit deutlicher überparteilicher Mehrheit. Initianten sind der republikanische Senator aus Florida Marco Rubio und sein demokratischer Amtkollege aus Delaware Chris Coons. Auf der Grundlage des neuen Gesetzes sollen über 10 Jahre mehr als USD 33 Mrd. fliessen.

Hauptbestandteil des Pakets sind die bis ins Jahr 2028 jährlich fliessenden USD 3.3 Mrd für die Sicherheits-Zusammenarbeit. Einleitend wird diese definiert als „Kooperation im militärischen Bereich der Weiterentwicklung von Raketen-Abwehrsystemen, welche Israels Sicherheit fördern und die bilateralen Beziehungen beider Länder verstärken. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit sollen spezifisch bis zu USD 500‘000 pro Jahr zur Entwicklung, Herstellung und Beschaffung von Missil-, Raketen- und Projektil-Technologien auf gewendet werden.

SEC. 101. FINDINGS.Congress makes the following findings:
(1) On September 14, 2016, the United States and Israel signed a 10-year Memorandum of Understanding to reaffirm the importance of continuing annual United States military assistance to Israel and cooperative missile defense programs in a way that enhances Israel’s security and strengthens the bilateral relationship between the 2 countries.
(2) The 2016 Memorandum of Understanding reflects United States support of Foreign Military Financing grant assistance to Israel over a 10-year period beginning in fiscal year 2019 and ending in fiscal year 2028.
(3) The 2016 Memorandum of Understanding also reflects United States support for funding for cooperative programs to develop, produce, and procure missile, rocket, and projectile defense capabilities during such 10-year period at an average funding level of $500,000,000 per year, totaling $5,000,000,000 for such period.
SEC. 102. STATEMENT OF POLICY.It is the policy of the United States to provide assistance to the Government of Israel for the development and acquisition of advanced capabilities that Israel requires to meet its security needs and to enhance United States capabilities.

US-Israel Security Assistance Act of 2020

Verlängert werden die vorwärts-gelagerten Kriegmaterialien sowie Israels Zugriffsrechten auf diesen, im Falle eines Angriffs auf den jüdischen Staat. Damit wird, aufgrund der negativen Erfahrungen aus dem Jom-Kippur Krieg, Israel Zugriff gewährt auf Munition und Ersatzteilen von Kriegsmaterial: 1973 war ein tagelanger bürokratischer Hickhack Israel beinahe zum Verhängnis geworden, einerseits weil sich die amerikanischen Aussen- und Verteidigungsministerium nicht einig werden konnten und andererseits den US-Transportflugzeugen die Überflugs- und Landungsrechte von den europäischen Bündnispartnern nicht gewährt wurden.

Erneuert wird sodann die Bürgschaft der Vereinigten Staaten zugunsten Israels für Kriegsmaterialbeschaffung bis zum Ende des US-Fiskaljahres am 30. September 2025. Weitere USD 14 Mrd. wurden zudem gesprochen für die Forschungs-Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Wasser, Landwirtschafts, alternative Energieformen und Bekämpfung der Cyber-Kriminalität. SO’Donnell wurden speziell im Zusammenhang mit der Covid-Pandemie weitere USD 12 Mrd. bewilligt.

Es ist gut, wenn sich die polarisierte Politiklandschaft nicht auf die Haltung gegenüber Israel auswirkt. Solche Befürchtungen sind gerade aus jüdischen Kreisen in jüngster Zeit zu hören gewesen, nicht zuletzt aufgrund der deutlichen Linkstendenzen der US-Demokraten, bis in die Parteispitze hinein. Unter diesem Aspekt erweist sich die drohende parlamentarische Pattsituation vielleicht sogar als glückliche Fügung des Schicksals.

About Thomas Morvay 340 Articles
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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