Wie in einem schlechten Film

Eine fast unglaubliche Entgleisung und Geschmacklosigkeit gelangte jüngst an die Öffentlichkeit. (Lizrnz imago-images)

Über das Wochenende wurde bekannt, dass in Zürich ein Automobilist von der Polizei kontrolliert worden war, der mit einem grösseren Hitler-Porträtbild an der Heckscheibe herumgefahren war. Fotografisch dokumentiert wurde die Polizeikontrolle über ein Instagram-Konto. Erschreckend sind die Kommentare zu diesem Bild, denn sie sind an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten!

Das Instagram-Konto “szene_isch_zueri” hat über 300’000 Follower, die Fotos erhalten also eine beachtliche Verbreitung. In der Regel thematisieren die Bilder Alltägliches, doch das Foto vom vergangenen Donnerstag hat es in sich. Abgebildet wird ein Fahrzeug mit ZH-Kennzeichen von hinten, in dessen Heckscheibe ein mittelgrosses Konterfei von Adolf Hitler prangt. Neben dem Auto stehen zwei Polizisten, welche augenscheinlich eine Polizeikontrolle durchführen. Das Fahrzeug scheint im fliessenden Verkehr aufgefallen zu sein, denn vor ihm steht ein Auto der Stadtpolizei, an dem der rot leuchtende Schriftzug “Folgen” noch zu erkennen ist. Das Bild erhielt bis jetzt mehr als achtzehntausend “Gefällt mir”-Angaben!

Zugegeben, wir haben uns nicht einzeln durch die fast 600 Kommentare gekämpft, aber alleine das, was beim kursiven Durchstöbern an Geschmacklosigkeit zum Vorschein kam ist geeignet, ein sehr schräges Bild von der Leserschaft zu zeichnen! Das alleine genügt schon, um mit Blick auf die wachsende Judenfeindlichkeit beunruhigt zu sein. Unabhängig davon, ob das Bild nun echt ist, oder ein irgendwie verirrtes, gefälschtes Schlaglicht auf die grösste Schweizer Stadt wirft – aus was für Motiven auch immer! Das Bild ist bei Erscheinen dieses Beitrages, fast eine Woche nach der Veröffentlichung, noch immer abrufbar!

Unsere Anfragen an dieverse Stellen für eine Stellungnahme sind noch ausstehend. Wir bleiben natürlich dran und werden entsprechend ergänzen, sobald sich hier etwas tut. Eine gewisse Skepsis darüber, ob so eine Ungeheuerlichkeit überhaupt möglich ist, verstehen wir selbstverständlich durchaus, es geht uns ja nicht anders!

About Thomas Morvay 340 Articles
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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