Wahltermin festgelegt

Israel Präsident Rivlin designiert den 4. August

Letzte Aktualisierung am 23. April 2020 durch Thomas Morvay

(Jerusalem, Israel) – In Israel hat nach Verstreichen der, um 2 Tage verlängerten, Frist des Regierungs-Bildungsauftrags an den Oppositionpolitiker Benny Gantz, Präsident Ruvi Rivlin den 4. August als Termin für einen allfälligen 4. Wahlgang in Folge fwestgesetzt. Dies für den Fall, dass es dem Parlament, der Knesset, seinerseits keine Einigung erzielt.

Der interimistisch amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der Führer der Bewegung Blau-Weiss, konnten auch während er um 2 Tage verlängerten Frist keine Einigung zu einer Regierung der nationalen Einheit finden. Dem Vernehmen nach scheiterten alle An strengungen, einen Kompromiss in der wichtigen Frage zu finden, was zu geschehen hat, sollte das Oberste Gericht einen Entscheid fällen, dass ein angeklagter Ministerpräsident sein Amt niederzulegen habe. Die in Israel als Verfassung geltenden “Basic Laws” haben nur Vorgaben für Regierungsmitglieder im Ministerrang, welche in einem solchen Fall zurücktreten müssen, nicht jedoch für den Regierungschef. Netanjahu ist seit geraumer Zeit im Rahmen unterschiedlicher Korruptions-Untersuchungen unter Anklage gestellt, der anberaumte Prozess ist allerdings, aufgrund der Corona-Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Das Parlament konnte sich, nach dem letzten Wahlgang Anfang März zwar konstituieren, und es wurde ein neuer Parlamentssprecher – nämlich Benny Gantz – gewählt und auch einige Komitees eingesetzt. Doch geschah dies noch bevor sich Gantz entschloss, Gespräche mit Netanjahu aufzunehmen, was zum Auseinanderbrechen seiner wackligen Koalition führte. Die ehemaligen Generalstabchefs Moshe Jaalon und Gabi Aschkenazi verliessen das Wahlbündnis ebenso wie der ehemalige Finanzminister Yair Lapid. Gantz’ Sukkurs schrumpfte damit von 43 auf nur noch 15 Mandate zusammen. Dies hätte ihm zwar ermöglicht, einer Regierung unter Netanjahu zu einer stabilen Mehrheit im Parlament zu verhelfen, doch wäre dieses Mandat auf 18 Monate begrenzt gewesen. Danach hätte zwar Blau-Weiss die Regierung, vermutlich unter einem Ministerpräsidenten Gantz, stellen können. Aber eben, das wäre bloss die “halbe Miete”, solange keine Einigung über die verfassungmässig strittigen Fragen erzielt worden wäre.

Präsident Rivlin hat bereits am Wochenende angekündigt, dass er im Falle des Scheiterns von Gantz bei der Regierungsbildung Netanjahu übergehen werde. Doch sahen das die überwiegende Mehrheit der Beobachter als Druckmittel an, damit der bald anderthalb Jahre dauernde Schwebezustand mit einer geschäftsführenden Regierung endlich überwunden werde. Es ist auch nach wie vor so, dass die Gespräche Netanjahus mit Gantz weitergehen. Doch die Vorzeichen haben sich verkehrt: allgemein wird bei einem allfälligen 4. Wahlgang angenommen, dass es Netanjahu gelingt eine absolute Mehrheit zu erzielen, nachdem er bereits im März nur denkbar knapp gescheitert war – falls überhaupt von einem Scheitern zu reden ist. In Folge der Aufruhr auf der Linken gab es durchaus Anzeichen, dass dem erfahrenen Politik Netanjahu es gelingen würde, mit einigen Dissidenten eine Parlamentsmehheit zu schustern.

Nun ist die politische Landschaft in Israel in “normalen” Zeiten schon als dynamisch zu bezeichnen. Und es ist auch nachvollziehbar, dass der immer noch relativ unerfahrene Gantz immer weniger die Wähler davon zu überzeugen vermag, dass er die Machenschaften eines auf Krawall gebürsteten Netanjahu etwas entgegenzusetzen hätte. Und, auch das ist Netanjahu geglückt, haben Gantz und seine Gefolgschaft in immer grösserem Ausmass Schwierigkeiten zu erklären, einerseits was sie politisch von Netanjahu unterscheidet, und andererseits glaubhaft zu vertreten, was sie denn eint. Ausser, dass ihr Hauptziel es ist, Netanjahu aus dem Amt zu drängen. Die Wähler sind nicht dumm: wenn die Aussichten so sind, dass fast alles genauso weiter geht, wie bisher, nur mit einer anderen Führungsfigur, dann bleiben sie lieber bei dem Original, das sie schon kennen. Auch wenn niemand sich auf einen vierten Wahlgang freut!

Über Thomas Morvay 310 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*