Versteht die UNO das unter Ausgewogenheit?

Die 52. Sitzungsperiode des UNO-Menschenrechtsrates wurde am 27. Februar 2023 im Genfer Palais des Nations eröffnet. (Lizenz: imago / Xinhua; Copyright: LianxYi)

Letzte Aktualisierung am 4. April 2023 durch Thomas Morvay

Genf – Dieser Tage hat der UNO-Menschenrechtsrat erneut einer Entschliessung zur “Lage der Menschenrechte” angenommen. Es wäre besser unter dem Titel Anklageschrift gegen Israel eingebracht worden, denn sie ist nichts anderes als die rituelle Verurteilung des jüdischen Staates. Schändlich, dass sich nur 2 Staaten für ein “Nein” durchringen können, und unter den Befüerwortern erneut Länder der Europäischen Union befinden.

Die ritualisierte Verurteilung Israels in den Vereinten Nationen geht weiter, aktuell in Genf im Menschenrechtsrat. Besonders hervorzuheben ist das scheinheilige Verhalten einiger europäischen Länder, welche an Doppelzüngigkeit schon lange – und leider bisher erfolglos – angeprangert wird: sie berufen sich seit Jahr und Tag darauf, “es hätte viel schlimmer kommen können, wenn wir nicht gewesen wären”! Beispielhaft sei hier auf die Erklärung des damaligen deutschen Aussenministers vor dem Bundestag verwiesen:

Deshalb haben wir als Bundesregierung entschieden, bereits ein Jahr früher als geplant, das heißt für den Zeitraum 2020 bis 2022, wieder für den Menschenrechtsrat in Genf zu kandidieren; denn gerade dann, wenn andere sich zurückziehen – das ist bedauerlicherweise in viel zu vielen Fällen nun einmal Realität geworden -, muss Deutschland eine starke Stimme für Menschenrechte sein.

Bundesaussenminister Heiko Maas im Deutschen Bundestag am 13. Februar 2019

Dass neben den Vereinigten Staaten sich einzig Malawi gegen die Entschliessung ausspricht, ist ein Hohn!

Die Entschliessung (zum Download geht es hier) selbst ist eine einzige Anklage gegen den Staat Israel, in einer Sprache, die gegen kein anderes Land der Erde verwendet wird. Man achte auf das Stimmverhalten von Ländern wie Belgien, Finland, Frankreich, Deutschland, Litauen, Luxemburg oder Rumänien – europäische Staaten, ausnahmslos Mitglieder der Europäischen Union. Sie alle haben der einseitigen Entschliessung zugestimmt, sie alle stellen sich deutlich gegen den einzigen demokratischen Staat im Nahen und Mittleren Osten, gegen den jüdischen Staat. Einzig Tschechien kann sich dem augenscheinlichen Diktat aus Brüssel entziehen. Auch das Vereinigte Königreich befindet sich unter den Stimmenthaltungen, was vermutlich die direkte Folge der London-Reise von Israels Ministerpräsidenten Netanjahu ist. Bemerkenswert auch die Enthaltung der Ukraine.

Die Analyse des Entschliessungstextes ist eindeutig: Verurteilung, Vorhaltungen, Forderungen an praktisch nur eine Seite:

  1. Demands that Israel, the occupying Power …
  2. Expresses grave concern regarding the decision of the Government of Israel …
  3. Reiterates that all measures and actions taken by Israel, the occupying Power, …
  4. Deplores the persistent non-cooperatiion of Israel …
  5. Demands that Israel, the occupying Power, …
  6. Also demands that Israel, the occupying Power …
  7. Call upon Israel …
  8. Expresses grave concern at the restrictions imposed by Israel …
  9. Urges Israel …
  10. Demands that Israel, the occupying Power …
  11. Reiterates the need for respect for …
  12. Demands that Israel, the occupying Power …
  13. Condemns all acts of violence …
  14. Also condemns the firing of rockets …
  15. Call upon all States …
  16. Urges all States …
  17. Reiterates the responsibility of Israel, the occupying Power …
  18. Urges Member States …
  19. Calls for an end …
  20. Calls upon Israel …
  21. Expresses deep concerrn …
  22. Demands that Israel …
  23. Urges Israel …
  24. Emphasizes the need …
  25. Requests …
  26. Decides to remain seized …

Zitiert aus der Entschliessung A/HRC/52/L.43

Die wenigen Punkte, in denen Israel nicht auf die Anklagebank gesetzt wird, sind in deutlich abgeschwächten Formulierungen zu finden: da wird an die Notwendigkeit des Respekts erinnert, es werden “alle” Staaten aufgerufen und ermahnt, es wird die tiefe Besorgnis ausgedrückt. Dass die Palästinensische Autonomiebehörde – um von den Terrormilizen Hamas und Konsorten gar nicht zu sprechen – kein einziges Mal namentlich genannt werden, spricht Bände über die “Unvoreingenommenheit”, mit der die im Rat vertretenen Staaten zu Werke gehen. Wenn diese Sprache das angeblich Beste ist, wozu die Vereinten Nationen fähig sind, muss die Frage erlaubt sein, was vorgeblich anständige Regierungen und Länder zu ihren “Ja”-Voten bringt, resp. was sie in diesem Affenzirkus noch verloren haben!

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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