Trotz intensiver Bemühungen in den vergangenen Wochen scheiterten die Bemühungen der Vereinigten Staaten, im UN-Sicherheitsrat eine Verlängerung des Verbots von Waffenlieferungen an den Iran zu erreichen, am Veto der beiden ständigen Mitglieder Russland und China. Mit den USA stimmten indes nur die Dominikanische Republik, während sich andere Länder, wie Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich der Stimme enthielten.
(New York und Washington) – Das von der UNO verhängte Waffenembargo gegen das Mullah-Regime bestand seit rund 13 Jahren, doch hatte das Verbot bereits nach Abschluss des Atom-Abkommens im Jahr 2015 von seiner Absolutheit eingebüsst. So hat zB. Russland das Raketenabwehr-System S300 bereits 2010 an den Iran verkauft und nach Abschluss der Nuklear-Vereinbarung 2016 auch ausgeliefert, und die im Land selbst produzierten “Bawar 373” besitzt Komponenten, welche nicht im Inland entwickelt worden sind. Da der Iran-Deal jedoch spezifisch auf Atomwaffen-Entwicklungen bezieht, und etwa die zu deren Transport notwendigen Trägerraketen nicht adressiert, eröffnet das Auslaufen eines generellen Embargos Gefahren, insbesondere für die Länder der Region, aber auch für den Mittelmeerraum und Europa.
Im Atom-Deal sind sog. “Snapback”-Mechanismen festgeschrieben, mit denen relativ kurzfristig die durch den Vertrag auslaufenden Sanktionen wieder aktiviert werden können. Dazu reicht es aus, dass ein am Vertrag beteiligter Staat den UN-Sicherheitsrat über eine, seiner Auffassung nach, “bedeutsame” Verletzung von Vertragsbestimmungen informiert. Kann sich der Sicherheitsrat binnen 30 Tagen nicht darauf verständigen, die angegebene Verletzung zu ignorieren, treten automatisch die seit 2006 beschlossenen und durch den Vertrag aufgehobenen Sanktions-Massnahmen wieder in Kraft. Hierzu reicht es aus, dass das Land, welches gerade den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat führt, zwingend binnen 10 Tagen einen Entschliessungsantrag zur Abstimmung vorlegt. Bei der Abstimmung über diesen Antrag haben die ständigen Mitglieder wieder ein Vetorecht.
Wie gesehen, ist das Atomabkommen kein Staatsvertrag, er musste entsprechend zB. in den USA nicht durch den Senat in Washington ratifiziert werden, sondern ein UNO-Beschluss. Das bedeutet zugleich, dass an ihn nicht die stringenten völkerrechtlichen Massnahmen bezüglich Staatsverträgen angelegt werden müssen. Und genau da beginnt die juristische Grauzone, auf die sich die Amerikaner nun berufen. So gelten, nach der amerikanischen Interpretation, die Vereinigten Staaten auch nach ihrer Aufkündigung des Abkommens, als Vertragspartner, der das Recht auf Ausrufung der Snapback-Mechanismen zusteht. Im Weiteren argumentieren die USA, dass die UN-Resolution 2231 völkerrechtlich allgemein anwendbar ist, während das Atom-Abkommen nur die Vertragsstaaten verpflichten würde.
Hier ist zugleich die Grenze dessen, was den Handlungsmöglichkeiten der Vereinigten Staaten gesetzt ist: die Resolution stipuliert keine zwingende Verpflichtung, wieder eingeführte Sanktionen zu befolgen, sie werden jedoch zur Befolgung *dringend empfohlen”. Gelingt es also den USA nicht, eine oder alle europäischenVertragsstaaten des Atom-Deals vom Snapback zu überzeugen, kann sie diese nicht zum Verzicht auf Waffenlieferungen an den Iran zwingen. Folgerichtig werden sich die Bemühungen der USA in der kommenden Zeit auf diese Überzeugungsarbeit konzentrieren. Realistischer erscheint ein Erfolg in diese Richtung allenfalls im Falle des Vereinigten Königreichs, das einerseits stets auf eine “special relationship” der beiden angelsächsischen Mächte pocht, andererseits durch sein Ausscheiden aus der EU auch nicht an dessen politische Einschränkungen gebunden sein wird.
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