UNRWA, und wie das EDA weiterhin mauert und abwiegelt

UNRWA-geführte Schule in Gaza Stadt, im November 2020 - nur langsam, und unter Einhaltung strikter Schutzkonzepte ist eine Rückkehr zum Präsenzunterricht möglich. Für den Fernunterricht hat das Flüchtlingswerk Unterrichts-Materialien in Eigenregie produziert. Bildrechte: imago images/ZUMA Wire Copyright:Mahmoud Ajjour

Letzte Aktualisierung am 2. Februar 2021 durch Thomas Morvay

(Bern) Seit Mitte Oktober letzten Jahres hat das Eidg. Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) hat ein neues Feigenblatt. In der Form einer Antwort auf einen parlamentarische Vorstoss versucht sie den Eindruck zu erwecken, es sei alles gar nicht so schlimm bestellt um das Flüchtlingshilfswerk der UNO für die (angeblichen) palästinensischen Flüchtlinge. Mit dieser Auffassung steht sie jedoch zunehmend alleine, denn regelmässig erscheinen Berichte, aus denen das genaue Gegenteil hervorgeht.

Vor Wochenfrist erschien der Bericht über eine Untersuchung der Nicht-Regierungsorganisation IMPACTT-se, welche gravierende Mängel im UNRWA-produzierten Unterrichts-Begleitmaterial zutage förderte – wir berichteten darüber ausführlich. UNRWA beeilte sich zu erklären, sie wäre dabei, das Material, welches unter dem zeitlichen Druck der Covid-Pandemie in aller Eile hat fertiggestellt werden müssen. kritisch unter die Lupe zu nehmen und zu verbessern. Wie immer, erst nachdem sie der Scheinheiligkeit überführt waren.

Wie es scheint, will das EDA nichts Verkehrtes entdeckt haben. In der aktuellen Antwort auf unsere entsprechende Nachfrage schreibt uns der Pressesprecher des Departments:

Cher Monsieur,
Concernant votre demande, voici ce que nous pouvons vous indiquer :

Le DFAE a pris note de l’analyse 2021 d’Impact-SE. Les critiques sur le matériel scolaire utilisé par l’UNRWA ont été traitées dans le chapitre 3.3 du rapport Nantermod. La position du DFAE reste inchangée : le matériel scolaire qui va à l’encontre de l’esprit d’une solution à deux États, glorifie la violence, incite au racisme et à l’antisémitisme ou banalise les violations du droit international et des droits de l’homme n’est pas conforme à la position de la Suisse sur le conflit au Proche-Orient.

Le DFAE prend cette question très au sérieux et la suit de près avec l’UNRWA, notamment par le biais d’un dialogue régulier avec ses dirigeants. A cet égard, le DFAE a pris note avec satisfaction des mesures prises par l’UNRWA pour retirer les éléments non conformes aux valeurs des Nations Unies du matériel scolaire utilisé pendant la pandémie Covid-19 (voir communiqué sur le lien suivant : https://www.unrwa.org/newsroom/official-statements/unrwa-reviews-self-learning-material-ensure-full-adherence-highest-un).

Meilleures salutations.

Pierre-Alain Eltschinger, Pressesprecher des EDA, Mail vom 21.01.2021

Das im ersten Absatz angeführte “Kapitel 3.3. des Berichts zum Postulat Nantermod, enthält jedoch nichts als Ausreden, Abwiegelungen und Vorwände zum Nichtstun: frei nach dem Motto, UNRWA kann nichts dafür, andereLänder sind schon aktiv geworden, wir sind gar nicht beteiligt. Kostproben gefällig?

Wie in Kapitel 1 dargelegt, stammen die kritisierten Lehrmittel nicht von der UNRWA. Sie ist gehalten, den Lehrplan und die Lehrmaterialien des Gastlandes zu verwenden und macht dies seit den 1950er Jahren. Nur auf diese Weise können palästinensische Flüchtlingskinder in UNRWA-Schulen am Ende jedes Zyklus staatliche Prüfungen ablegen, in die höhere Sekundarstufe oder in die Hochschulen der Aufnahmeländer wechseln. Damit unterstützt die UNRWA die soziale Integration der Flüchtlinge im Aufnahmeland.

UNRWA: Rückblick und Ausblick nach 70 Jahren, S. 18

Am 13.Mai 2020 drückte auch das Europäische Parlament seine Sorge darüber aus, dass in palästinen-sischenSchulbüchern noch immer Hass und Gewalt unterrichtet würde. Gefordert wurde, eine Ausrichtung an UNESCO Standards zuerwirken und dafür auch finanzielle Druckmittel zu verwenden.45Norwegen seinerseits kürzte am 5. Juni 2020 seinen Finanzbeitrag anpalästinensische Schulen um 50%, da mit den verwendeten Schulbüchern Kinder zu Gewalt aufgerufen würden.

UNRWA: Rückblick und Ausblick nach 70 Jahren, S. 18

Die Schweiz beteiligt sich nicht an der Finanzierung der Lehrpläne und Schulbücher der Aufnahmeländer. Schulmaterialien, die dem Geist einer Zweistaatenlösung zuwiderlaufen, Gewalt verherrlichen, Rassismus und Antisemitismus schüren oder Verletzungen des Völkerrechts verharmlosen, sind nicht im Einklang mit der Schweizer Nahost-Position und werden von der Schweiz verurteilt.

UNRWA: Rückblick und Ausblick nach 70 Jahren, S. 19

Vollends ad absurdum geführt werden diese Argumente, wenn der bundesrätliche Bericht sich auf eine Studie des “United States Gouvernmement [sic] Accountability Office” (GAO) aus dem Jahr 2019 beruft, welche die von UNRWA “ergriffenen Anstrengungen” gewürdigt habe, mit denen “die Qualität und Ausgewogenheit des Unterrichts” sichergestellt werden solle. Der bundesrätlichen Antwort zufolge hätte die Studie ein “positives Fazit gezogen”:

UNRWA and State [US Dept. of State – die Redaktion] have taken steps to identify and address potentially problematic content of textbooks used in UNRWA schools, such as maps that exclude Israel. UNRWA reviewed textbooks, including English language textbooks, and took actions to address content it deemed as not aligned with UN values. For example, UNRWA created complementary teaching materials,such as alternate photos, examples, and guidance for teachers to use with the textbooks in UNRWA schools. However, due to financial shortfalls and other constraints, UNRWA officials told GAO that UNRWA did not train teachers or distribute the complementary teaching materials to classrooms. As a result, these materials were not used in UNRWA classrooms. To address textbook content deemed problematic, State examined nongovernmental organizations’ studies, encouraged Palestinian Authority officials to address the issue, and monitored UNRWA’s efforts.

West Bank and Gaza – Report to the Chairman, Committee on Foreign Relations, U.S. Senate; GAO, June 2019

Von daher überrascht der zweite Absatz in der Antwort aus Bern schon gar nicht mehr. Es ist zu hoffen, dass der “Rückblick und Ausblick nach 70 Jahren” in der parlamentarischen Aufarbeitung so richtig auseinandergenommen wird. Denn dieses Verhalten ist der Schweiz schon lange nicht mehr würdig!

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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