Sechs Tage hallen nach

Israels Präventivschlag und die Befreiung Jerusalems

David Rubinger mit seiner Leica
David Rubinger, dessen wohl berühmtestes Bild die ersten Fallschirmjäger an der Westmauer zeigt (Photo Credit: Shmuel Browns; Bild lizenziert unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported)

Heute vor 53 Jahren war einer jener Tage, von denen es sprichwörtlich hiess, die “Welt hielte den Atem an”. Ägyptens Herrscher Gamal Abdel Nasser, hatte die Wasserstrasse von Tiran gesperrt und liess im Sinai Truppen aufmarschieren. An der Nordgrenze Israels gingen syrische Truppen in Position. Sogar der jordanische König Hussein bekundete, als Zeichen seines pan-arabischen Sukkurses, Sympathien, trotz Apellen der Israelis.

(Jerusalem) – Der Krieg begann am frühen Morgen, als israelische Boimber in einem choreographierten Angriff über das Mittelmeer die ägyptische Fliegertruppe zu 90% ausradierten und die Startbahnen zerstörten. Im Tiefflug anfliegen, unmittelbar vor den Zielen hochziehen und so der Fliegerabwehr entkommen, und zugleich die Bomben auslösen, die in einem klug berechneten Bogen ins Ziel flogen. Generationen von Piloten, aber auch Fliegerabwehr-Truppen – darunter der Autor selbst – haben seither den Präventivschlag studiert. Ebenso, wie der Angriff auf die syrischen Truppen auf den Golanhöhen, sowie ihr anschliessender Vorstoss bis 25km vor Damaskus, als beispielhaft für die motorisierten Truppen diente.

Jordanien, das die biblischen Stammlanden Israels, Judäa und Samarien, und den Ostteil von Jerusalem seit 1949 besetzt hielt, musste ebenfalls zurückweichen. Aus dieser Entwicklung war am dritten Kriegstag die Chance für die israelischen Elitetruppen entstanden, in das alte Jüdische Viertel Jerusalems vorzustossen. Die Radiobotschaft “der Tempelberg ist in unserer Hand” wurde in Israel zum geflügelten Wort und elektrisierte die ganze jüdische Welt. Erstmals seit der Zerstörung des Zweiten Tempels hatten Juden die Souveränität über die Westmauer, dem einzigen sichtbaren Überbleibsel des Tempels. Obschon im Waffenstillstands-Abkommen von 1949 Jordanien den Juden die freie Ausübung ihrer Religion zugesichert hatte, wurden im Jüdischen Viertel Dutzende von Synagogen zerstört, es wurden Grabsteine als Strassenbelag verwendet und der Zugang zur Westmauer war israelischen Bürgern in den 19 Jahren nie möglich.

Die “Palästinensische Befreiungsorganisation” PLO, aber auch die heutige Palästinensische Autonomiebehörde bezeichnen den heutigen Jahrestag als “Naksa”, was mein Online-Übersetzer als “Rückschlag” ausgibt – immerhin ein Fortschritt, verglichen mit der Nakba, das allgemein mit Unglück oder Katastrophe übersetzt wird. Bereits am 1. September 1967 erliess die Arabische Liga die als die berühmten “3 no’s of Khartoum” in den politischen “Diskurs” Eingang fanden:

NO peace with Israel – Kein Frieden mit Israel

NO recognition of Israel – Keine Anerkennung Israels

NO negotiations with Israel – Keine Verhandlungen mit Israel

Khartoum-Resolution der Arabischen Liga vom 1. September 1967

Doch, auch dies muss gesagt werden: es gab auch auf Seiten Israels keine einheitliche Haltung in Bezug auf die eroberten Gebiete. Allgemeiner Konsens bestand nur darüber, dass ganz Jerusalem nunmehr die ungeteilte Hauptstadt sei. Das haben freilich bis heute nur die Vereinigten Staaten anerkannt, und in ihrem Gefolge einige wenige, langsam wachsende Anzahl von Staaten, welche ihre Botschaften verlegt haben. Der UN-Sicherheitsrat hat jedoch in seltener Einmütigkeit das 1980 beschlossene Jerusalem-Gesetz für nicht gültig erklärt – gewiss, nur eine Absichtserklärung, aber doch eine für das internationale Recht gewichtige Tatsache.

Es gab darüber hinaus seit 1967 Stimmen, welche im Rahmen des Konzeptes “Land für Frieden” dafür plädierten, die Gebiete seien Verhandlungsmasse, eben, falls man umgekehrt von den Arabern Anerkennung und Frieden bekam. Es schien, als ob im Rahmen der Arabischen Friedensinitiative von 2002, die Proponenten der Initiative, ebenfalls auf diese Linie eingeschwenkt seien, doch Taten liessen sie in den vergangenen 18 Jahren ihren Worten nicht wirklich folgen. Andererseits entstand in Israel eine Bewegung, die – zumeist von ihren Kritikern – als “Gross-Israel”-Bewegung bezeichnet wird.

Der Jescha-Rat als Dachorganisation für die Selbstverwaltung der israelischen Siedlungen hat im heutigen Israel eine gewichtige Stimme. Ungeachtet dessen: als der damalige Ministerpräsident Ariel Scharon, im Jahr 2005 den einseitigen israelischen Rückzug aus Gaza durchsetzte, brachte dies weder Frieden mit den Palästinensern, noch konnte die in der israelischen Gesellschaft existierende Spaltung überwunden werden.

Und so stehen sich, an diesem 53. Jahrestag des Sechs-Tage-Krieges die beiden Seiten nach wie vor unversöhnlich gegenüber. Es hat bis heute nur gelegentliche Tauwetter-Phasen gegeben, etwa zu Beginn der Oslo-Episode. Doch Oslo ist tot, hat Avraham Burg bereits 2013 erklärt. Und der im deutschen Sprachraum bekannte Schweizer Carlo Strenger urteilte 2015 gar, die Friedensbemühungen zwischen Israeli und palästinensischen Arabern seien tot – und beide Seiten hätten sie zu Grabe getragen. Wenig überraschend konnte daran auch ein Barack Obama nichts ändern, der den Nahen Osten in katastrophaler Weise missverstand, und der Welt das unrühmliche Erbe eines desaströsen Vertrags mit den Mullahs in Teheran hinterliess.

Man mag vom “Deal des Jahrhunderts” halten, was man will. Unterm Strich bleibt, dass Donald Trump die bereits existierenden Realitäten in einer Art und Weise zementiert hat, hinter die auch seine eventuellen Nachfolger nicht werden zurückgehen können. Das weiss auch der greise Mahmud Abbas. Er hatte sich in folgenschweren Weise in Donald Trump und seinen Schwiegersohn Jared Kushner getäuscht. Die arabische Welt hat Abbas längst fallen gelassen, und das weiss er wohl auch. Nur so ist zu erklären, dass er, gerade in diesen Tagen, um sich schlägt, als gäbe es keinen morgen: er weigert sich die von Israel überwiesenen Steuereinnahmen anzunehmen, die ihm gemäss “Oslo” zustehen – und steuert seine Behörde in den Bankrott. Er kündigt sämtliche Zusammenarbeit und Vereinbarungen nicht nur mit den Vereinigten Staaten auf. Er erklärt ebenso das Ende der Sicherheitskooperation, welche bis anhin seine Lebensversicherung war.

Es ist unerheblich, ob die in Israel amtierende Grosse Koalition die lange gehegten Pläne des konservativen Lagers umsetzt, in den grossen Siedlungsblöcken und im Jordantal israelisches Recht anzuwenden, anstelle der heute geltenden Regelungen der administrativen Militärbehörde. Nicht, weil es kurzfristig negative Folgen nach sich ziehen könnte. Die unabänderliche Realität verbleibt, dass irgendwann Israel und die palästinensischen Araber sich werden einigen müssen, wie sie miteinander zusammenleben werden. Das wird passieren, wenn entweder die Kleptokratie in Ramallah und in Gaza-Stadt resp. Katar weggefegt ist, oder wenn die bereits heute existierende Zusammenarbeit zwischen Siedlern und arabischen Bauern und Kleingewerblern wirtschaftliche Realitäten geschaffen hat. Nicht heute, auch nicht morgen – aber irgendwann wird dieser Tag kommen. Und bis dahin alimentiert die israelische Wirtschaft, dem heute einzigen Ort, wo die im Gebiet der PA lebenden unselbständigen Arbeitskräfte Beschäftigung, und damit Lohn und Brot, finden, die palästinensische “Volkswirtschaft”. Also jenen Teil, der nicht am “Tropf” aus Brüssel hängt und die unmöglich eine Zukunft haben kann!

About Thomas Morvay 340 Articles
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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