Messerangriff am Holocaust-Denkmal in Berlin

Stelen vom Holocaust-Mahnmal bei der Zeremonie zum Gedenken an die Opfer des Holocaust am Denkmal und Mahnmal für die ermordeten Juden Europas zum 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 2025 in Berlin Deutschland . (Lizenz: imago / IPON)

Die erste Nachricht kam über Soziale Medien, gegen 19.30 Uhr, kurz danach berichteten auch schon die Zeitungen: am Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin, wurde ein Mann bei einem Messerangriff schwer verletzt. Die Polizei untersucht den Tatort, der Verletzte wurde ins Krankenhaus eingeliefert und wird aktuell operiert.

Die Polizei Berlin informierte über X/Twitter über den Zwischenfall, der sich nach ihren Angaben am frühen Abend ereignet hat. Dabei gab sie bereits weitere Einzelheiten bekannt.

Rund eine Stunde nach dieser Meldung sind folgende Einzelheiten bekannt:

  • der Angriff durch den bislang unbekannten Täter ereignete sich zwischen den Stelen des Holocaust -Denkmals
  • beim Opfer soll es sich um einen 30-jährigen Spanier handeln, wie der regionale TV-Sender rbb erfahren hat
  • inzwischen nahm die Berliner Polizei einen verdächtigen Mann am Rand des Mahnmals fest, bei dem es sich um den Täter handeln soll
  • das Opfer ist schwer verletzt, und muss aktuell in einem Berliner Krankenhaus operiert werden
  • für die Tat gibt es mehrere Zeugen, welche z.T. durch ausgerückte Helfer betreut werden müssen, da sie unter Schock stünden
  • es ist zurzeit noch absolut unklar, ob die Tat in einem Zusammenhang steht zum Holocaust-Denkmal stehe
  • Täter und Opfer haben sich im nördlichen Teil des Mahnmals aufeinander zubewegt, wo es dann zum Angriff gekommen sei, erklärte die Polizei einer Berliner Zeitung gegenüber
  • um die Arbeit der Polizei zu erleichtern, leuchtet die Feuerwehr das Mahnmal mittels eines Krans aus
  • aktuell sind auch mehrere internationale TV-Teams vor Ort, welche über das Ereignis berreits berichten; diese Teams sind wohl hauptsächlich wegen der in der Nähe stattfindenden Berlinale in “direkter Fussnähe”, wie es in ersten Berichten heisst

Unmittelbar stellen sich natürlich Fragen: erst vor wenigen Wochen wurde in Deutschland, nach einem Attentat, das Tragen von Messern in der Öffentlichkeit verboten. Im Lichte der aktuellen Ereignisse scheint es sinnvoll, über dieses Verbot erneut nachzudenken – wie es scheint, hapert es – zumindest aktuell – bei der Durchsetzbarkeit eines solchen Verbots. Oder war nicht in erster Linie die präventive Wirkung beabsichtigt, und man sollte lediglich einen Straftatbestand kreiieren, um Widerhandlungen bestrafen zu können? Auch dann stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit, resp. die Ausgestaltung dieser Rechtsnorm.

UPDATE: knapp 12 Stunden später vermelden deutsch Medien, beim Täter soll es sich um einen 19-jährigen Syrer mit anerkanntem Asylstatus handeln. Sein 30-jähriges Opfer sei inzwischen, nach einer Not-OP nicht mehr in Lebensgefahr. Die Polizei bestätigte in den Medien kursierende Meldungen, wonach die Tat antisemitisch motiviert sein soll, dies sei aus der bisherigen Vernehmung des Mannes auch deutlich geworden. Aufgrund der bei ihm gefundenen Gegenständen wäre weiter ein religiöses Motiv gegeben. Während der in einem Leipziger Heim für Geflüchtete wohnhafte Täter als Kleinkrimineller “polizeibekannt” war, hatte vor der Tat nichts auf einen “Staatsschutzbezug” gedeutet.

Gestern Abend wurde ein Mann bei einem Angriff in Mitte verletzt. Nach bisherigen Erkenntnissen soll ein 19-Jähriger gegen 18 Uhr im Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas den 30 Jahre alten Spanier, der sich als Tourist in Berlin aufhält, mit einem Messer angegriffen haben, nachdem er sich diesem von hinten genähert haben soll. Anschließend flüchtete der Angreifer. Der Angegriffene erlitt dadurch lebensgefährliche Verletzungen am Hals. Nur durch das schnelle Eingreifen von Rettungskräften und einer Notoperation, nach der er für einige Zeit in ein künstliches Koma versetzt werden musste, konnte sein Leben gerettet werden. Er befindet sich mittlerweile nicht mehr in Lebensgefahr.

Während der am Ort laufenden Polizeimaßnahmen lief der mutmaßliche Angreifer gegen 20:45 Uhr auf Polizeikräfte zu. Dabei bemerkten diese die blutverschmierten Hände und die mit Blut beschmutzte Hose des Tatverdächtigen und nahmen ihn fest.

Bei dem Festgenommenen handelt es sich um einen 19 Jahre alten Syrer, der 2023 als unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling, also ohne seine Eltern, nach Deutschland gekommen sein soll und hier Asyl beantragt hatte. Das wurde ihm anerkannt, sodass er sich legal in Deutschland aufhält. Seinen Wohnsitz hat er in Leipzig.

Nach bisherigen Ermittlungen und dem aktuellen Kenntnisstand sollen Zusammenhänge mit dem Nahostkonflikt bestehen. Nach bisherigem Kenntnisstand, insbesondere aufgrund entsprechender Äußerungen des Beschuldigten gegenüber der Polizei, soll seit einigen Wochen der Plan in ihm gereift sein, Juden zu töten. Vor diesem Hintergrund soll auch die Auswahl des Tatortes erfolgt sein. Bei der Festnahme führte der 19-Jährige in seinem Rucksack einen Gebetsteppich, einen Koran, einen Zettel mit Versen aus dem Koran, versehen mit dem gestrigen Datum, und die mutmaßliche Tatwaffe mit sich, was auf eine religiöse Motivation hindeutet. Der Beschuldigte soll einen klaren Eindruck gemacht haben und kooperativ gewesen sein. Ob eine psychische Erkrankung vorliegt, ist Gegenstand der Ermittlungen. Anhaltspunkte für Verbindungen zu anderen Personen oder Organisationen liegen bisher nicht vor. Der Beschuldigte ist in Berlin bislang nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten und hier weder polizei- noch justizbekannt. Er wird heute einem Ermittlungsrichter zum Erlass eines Haftbefehls vorgeführt.

Die Ermittlungen wegen des Verdachts des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung haben der Polizeiliche Staatsschutz und eine Mordkommission des Landeskriminalamts Berlin übernommen. Aufgrund der Bedeutung des Falls hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen an sich gezogen.

Mehrere Personen, die das Geschehen miterlebt hatten, wurde von der Berliner Feuerwehr am Ort betreut.

Die Ermittlungsmaßnahmen dauern an.

Polizeimeldung vom 22.02.2025

Dieser Beitrag wurde aktualisiert durch Thomas Morvay, vor 4 Wochen

About Thomas Morvay 352 Articles
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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