Kampf ums Wahlprogramm hat begonnen

Was ein möglicher Präsident Joe Biden für Israel bedeutet

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Letzte Aktualisierung am 5. Mai 2020 durch Thomas Morvay

Die Vorwahlen sind entschieden, einzig verbleibender Kandidat ist Joe Biden. Er war Barack Obamas Vizepräsident während 8 Jahren, und hat nach 3 Jahrzehnten im US-Senat einen Wiedererkennungswert, wie kaum ein anderer sie haben könnte. Biden macht Druck, er will die Partei einen, hat seinen Vorwahlkampf-Rivalen Mitspracherechte am Wahlprogramm versprochen. Läuft nun alles rund für “Ole Joe”?

(Washington, D.C.) – Eine Gruppe namhafter ehemaliger Diplomaten und des Beamtenapparats der Nationalen Sicherheit ruft die Parteileitung der US-Demokraten auf, im Abschnitt über “Israel und die Palästinenser” des Wahlprogramms eine “ausgeglichenere Sprache” zu finden, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Zu dieser Gruppe gehören nicht nur die ehemaligen US-Botschafter in Israel Martin Indyk und Dan Kurtzer, der ehemalige Vize-Aussenminister unter Bill Clinton und späterer Direktor des einflussreichen Brookings Institutes, Strobe Talbott, wie auch der bekannte Berater der Obama-Regierung Ben Rhodes. Was sie vereint, ist ihre kritische Haltung zur überwiegenden Mehrzahl der israelischen Regierungen der vergangenen 25 Jahre, und ihre Ablehnung von Donald Trumps Nahostpolitik. So erklärte etwa der ehemalige Botschafter in Israel Dan Kurtzer gegenüber der Zeitung Jewish Insider, die Ausrichtung amerikanischer Politik in Bezug auf den Konflikt bedürfe einer “ernsthaften Kurskorrektur” nach Donald Trump. Es sei diese Politik dafür verantwortlich, dass die Vereinigten Staaten heute “dermassen einseitig gegen die Palästinenser eingestellt” seien, dass die USA keine Rolle im Friedensprozess spielten.

Im oben erwähnten Schreiben an die Parteileitung behaupten die Unterzeichner, Trumps Nahostpolitik hätte die jahrzehntelange Tradition der parteiübergreifenden Zustimmung zu Israel ausgehebelt. Diese Aussage ist nur schon deswegen seltsam, weil doch kaum jemand einen Zweifel daran haben kann, auf welcher Seite die Sympathien der Trump-Administration zu finden sind. Wenn jemand also den breiten Konsens verlassen hat, dann sind es wohl die Demokraten! Man kann sehr wohl – und dies tun die Unterzeichner auch in unzweideutiger Manier – sich gegenüber der Politik von Trump abgrenzen, ohne deswegen den Konsens zu verlassen. Die Unterzeichner dürften hier erhebliche Erklärungsnöte haben.

Sie fordern, das Parteiprogramm müsse zur Lösung des Konflikts sowohl ein Bekenntnis zu Israels Sicherheitsinteressen und zu ihrer Zukunft als jüdischem und demokratischem Staat und gleichen Rechten für alle ihre Bürger enthalten, wie auch den Palästinensern diese Rechte zustünden, insbesondere mit Blick auf ihre Selbstbestimmung, Sicherheit und Freiheit. Es sei die gegenwärtig ausgeübte Besatzungspolitik abzulehnen, ebenso wie die Siedlungspolitik und allfällige einseitige Annektierungen in der Westbank, wie auch eine “klare Ablehnung von Gewalt, Terrorismus und Aufwiegelung von allen Seiten”. Das Programm müsse klarstellen, wie eine Administration der Demokraten den Konflikt im Sinne der Zwei-Staaten-Lösung überwinden wolle, einschliesslich “eines Bekenntnisses zu Sicherheit, Demokratie und Menschenrechten”.

Das Schreiben wurde auf der Website der progressiven jüdischen Organisation JStreet publiziert.

Über Thomas Morvay 311 Artikel
Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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