
Kassel/erlangen – Der seit Monaten nicht enden wollende Skandal um Antisemitismus an der internationalen Kunstschau spült auch Kusioses an die Oberfläche. Beim Verfolgen der Diskussionen in den Sozialen Medien erlebten wir den unterschwelligen, israelbezogenen Antisemitismus in seltener Blüte. Es lohnt sich, diesen zu dokumentieren, wenn auch nur um bewusst zu machen, wie banal diese daher kommt.
Dr. Sabine Schiffer ist Professorin am Institut für Medienverantwortung IMV in Erlangen, sich selbst bezeichnet sie als “Medienpädagogin, Autorin, Vortragende, Lehrende, Herausgebende, Friedensbewegte …”. Für das renommierte Heise-Online Telepolis verfasste sie jüngst einen Beitrag über die Haltung Deutschlands zu seiner Geschichte, die sie als “Einseitige Lerneffekte mit Wohlfühlfaktor” bezeichnet. Das mag man so sehen. In diesem Beitrag findet sich aber ein Absatz, den wir in einer Unterhaltung mit der Verfasserin hinterfragen wollten.
Die noch lebenden Künstler der 20-Jahre alten Installation haben ihr Verstehen mitgeteilt, dass die Kritik an der gewaltsamen Einflussnahme zur Unterstützung der Suharto-Diktatur durch diese Symbolik eine Linie überschritten hat, nämlich weg von der konkreten Kritik in diesem gemalten Volkstribunal an der nicht strittigen Beteiligung auch des israelischen Geheimdienstes Mossad [Hervorhebung durch die Redaktion] hin zur Verweisung der Problematik an das gesamte Judentum.
“Documenta15: Einseitige Lerneffekte mit Wohlfühlfaktor”, Sabine Schiffer auf Telepolis, 27. Juli 2022
Wir fragten uns, was wir verpasst haben könnten, und wollten von der Autorin wissen, was zum Verquickung des israelischen Auslandsgeheimdienstes in Indonesien bekannt wäre:
Nun, man kann tatsächlich nachvollziehen, weswegen sich die Autorin nicht von der Frage angesprochen fühlte, danach versprach sie jedoch Aufklärung:
An dieser Stelle jedoch müssen wir irgendwie “falsch abgebogen” sein, denn der Ton wurde schärfer, die Antworten ausweichender. Frau Schiffer fühlte sich definitiv angegriffen – was absolut nicht beabsichtigt war – sah vielleicht ihren Ruf als Hochschullehrerin in Medienbelangen in ein schiefes Licht gerückt:
Man beachte den Versuch, den Fokus zu verschieben, und zugleich sich mit einem allgemein gehaltenen Hinweis herauszureden. An dieser Stelle betont sie, Kommunikation sei ihr “Metier”, es ist daher durchaus gerechtfertigt, ihre Worte genau nehmen zu wollen. Und dabei ist der Verweis auf ein Buch über das, was als Massaker von 1965 in die Geschichtsbücher einging, auffallend verschwommen. Daher der Versuch, den Fokus wieder zu verfeinern und die Frage pointiert zu wiederholen:
Das muss einen wunden Punkt berührt haben, denn:
Auf einmal war da der Versuch, quasi “die Beweislast umzukehren”. Anstatt die von ihr postulierte Unstrittigkeit der Verstrickung des Mossad zu belegen, soll der Fragesteller plötzlich beweisen, dass dieser etwas nicht ist. An dieser Stelle sei angemerkt, dass wir uns die genannte Quelle angeschaut haben: Robinson schreibt ausführlich über die CIA, auch über die Dienste der Briten, Australier und Neuseeländer, und deren Verwicklung in Indonesien in der Zeitspanne 1950-65. Israel, oder der Mossad jedoch, werden kein einziges Mal auf den über 700 Seiten benannt!
Frau Schiffer streicht in ihrem Beitrag immer wieder heraus, dass Antisemitismus nicht zu tolerieren sei. Es ist ihr zugute zu halten, dass es ihr vermutlich gar nicht bewusst ist, dass sie selbst in die Fänge dieses Monsters geraten ist. Dennoch, sowohl im Wortlaut, wie auch in den Rechtfertigungsversuchen dieser Twitter-Unterhaltung scheint klar zu werden, dass sie nicht frei ist von dem, was sie Deutschland als Gemeinschaft vorhält. Dass der Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte eben sehr kompliziert ist, und ihnen bis heute die Einsicht in manchen Punkten fehlt. Nichts ist so unsichtbar, wie der grosse Balken vor dem eigenen Kopf. Müsste ein Medien- und Kommunikations-Expertin eigentlich wissen.
An dieser Stelle haben wir uns aus derUnterhaltung mit Frau Schiffer ausgeklinkt. Unsere Anfrage beim verantwortlichen Chefredakteur ist hängig. Alles in allem fühlten wir uns an Hannah Arendts Bericht aus Jerusalem erinnert. Manchmal kommt das Böse eben sehr banal daher!
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