Letzte Aktualisierung am 14. Mai 2023 durch Thomas Morvay
Jerusalem / Israel – Die Terrorgruppe Palästinensisch-islamistischer Dschihad schoss in den vergangenen fünf Tagen über 1‘000 Raketen in Richtung Israels ab. Während es einige Einschläge bis in die Nähe der Hauptstadt Jerusalem gab, explodierten rund ein Fünftel der Geschosse innerhalb des Gazastreifens. In Israel starben zwei Menschen, über 70 mussten medizinisch versorgt werden. Israelische Streitkräfte eliminierten 6 hochrangige Anführer der Terrormiliz und weitere 33 Terroristen.
Seit dem vergangenen Dienstag hat die Terrormiliz Palästinensisch-islamistischer Dschihad (PIJ) mehr als 1‘200 Geschosse auf israelisches Staatsgebiet regnen lassen. Unsere Warn-Apps vermeldeten zum Teil in Sekundentakt neue herannahenden Raketen. Neben den unmittelbar an die Enklave grenzenden israelischen Ortschaften entlang der Grenze im Süden des Landes, erreichten einige Flugkörper auch Tel Aviv und Rishon LeZion, einmal wurde gar in Jerusalem und der angrenzenden Gross-Siedlung Kfar Etzion Alarm ausgelöst. Die Abwehrsysteme Iron Dome und David‘s Sling fingen die meisten Geschosse ab. Leider starben nach direktem Beschuss eine 80-jährige Frau in Rehovot, sowie ein arabischer Arbeiter aus der angeblich hermetisch abgeriegelten Mittelmeer-Enklave, der in Israel seinen Lebensunterhalt verdiente, ebenfalls im Süden des Landes.
Der Terror, den die Raketen erzeugen, ist in Europa kaum vorstellbar. Besonders die jungen Menschen, Kinder und Heranwachsende werden traumatisierte, müssen von klein auf lernen, dass sie nicht einmal eine Minute Zeit haben, um in die bombensichere Bunker zu flüchten. In den Sozialen Medien sah man im Laufe der Woche auch die Meldungen der, zu Recht, besorgten Eltern, die ihre Kinder aus dem Kindergarten oder Schulen abholen wollen, und Deckung und Schutz suchen müssen, wenn die Sirenen aufheulen. Sie alle artikulieren die Hilflosigkeit, die Sorge um ihren Nachwuchs. Hilfswerke, Sanitäter berichten von der Traumatisierung, die Notwendigkeit der psychologischen Betreuung und Begleitung. Bei allem Verständnis für die Zivilbevölkerung in Gaza, die mit chirurgischen Präzision ausgeführten Luftschläge der israelischen Luftwaffe und Artillerie, sind das pure Gegenteil zu den ungezielten, massiven Angriffen auf praktisch ausschliesslich zivile Ziele der Terroristen – abgeschossen aus der Deckung hinter den menschlichen Schutzschilder missbrauchten Zivilbevölkerung im Streifen! Die beiden Ausgangssituationen dürfen nicht auf eine Stufe gestellt werden, wie dies durch die Aufrufe zur Mässigung aus Washington, Brüssel, Berlin, Paris oder London zu hören ist.
Ein ebenfalls kaum beachteter, weil von den meisten pro-palästinensisch-arabischen Kommentatoren totgeschwiegener Aspekt des Konfliktes mit Gaza, trat mit aller Deutlichkeit in dieser Runde zutage, sodass es zu hoffen wäre, sie könnte ab jetzt nicht mehr verheimlicht werden. Bevor Israel sich 2005 aus Gaza zurückzog, und bevor Hamas im Streifen die Macht an sich gerissen hatte, waren viele Tagelöhner in den israelischen Siedlungen beschäftigt, um auf diese Weise den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien verdienen zu können. Viele der ehemaligen israelischen Arbeitgeber halten bis heute den Kontakt zu ihren Arbeitern aufrecht. Und mit der Zeit wurde sogar möglich, mit stiller Duldung der Hamas, dass Gazas Zivilbevölkerung sich in Israel Arbeit suchen konnte. Ein solcher Arbeiter, der sich ganz legal in Israel aufhielt, wurde nun gestern Opfer eines der Raketenangriffe im Süden Israels.
Das zweite israelische Todesopfer, eine 80-jährige Frau in Rechovot, etwa auf halber Strecke zwischen Ashdod und Tel Avivv gelegen, kam ums Leben, als eine Rakete direkt ihre Wohnung in einem Hochhaus traf. Vermutlich konnte sie aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters nicht rechtzeitig den Schutzraum aufsuchen.
Die israelische Antwort auf den Raketenbeschuss war, neben Luft- und Artillerieschlägen gegen die Raketenabschuss-Anlagen, gezielte Angriffe auf führende Köpfe des PIJ. Insgesamt 6 von ihnen kamen bei gezielten Tötungen ums Leben. In welchem Ausmass dies die Führungsstrukturen der Terroristen zu beeinträchtigen vermochte, ist Gegenstand der aktuell vorzunehmenden Lageeinschätzungen von Israels Geheimdiensten.
Interessant zu beobachten war in dieser Runde auch die sorgsam abgewogene Reaktion Israels. Vermutlich, weil sich die in Gaza regierende Hamas eindeutig aus den Kämpfen heraushielt, hat auch Israel nicht in grösserem Umfang zusätzliche Einheiten aufgeboten. Ausserdem, es gehört zu den frustrierenden Aspekten der sog. asymmetrischen Kriegsführung, dass eine Armee sich deutlich zurückhaltender gebärdet, wenn es um das Aufbieten von Reservisten geht. Es hat mit grösster Sicherheit nichts mit der angespannten innenpolitischen Lage der vergangenen Monate in Israel zu tun, sondern viel eher mit den Erfahrungen aus den Kriegen im Libanon oder den früheren Gaza-Interventionen. Ein Einmarsch mit Bodentruppen bedeutet zwingend Häuserkampf, und das wiederum zwingend tote israelische Soldaten. Das konnte man bei den Einsätzen in Judäa und Samaria der vergangenen Monate leider zur Genüge beobachten. Andererseits ist allerdings ein bedeutender Aspekt der Kritik – zur Hauptsache aus den Gemeinden und Siedlungen entlang der Grenze zur Enklave – dass der Gegner nicht „mit letzter Konsequenz“ bekämpft wird. Die Einschätzung von besonnenen Politikern aller Couleurs ist jedoch, dass ein Einsatz von Bodentruppen und die erwähnten Folgen nicht von einer Mehrheit getragen würden. Solange also der Gegner keine anders gearteten Angriffe zu starten in der Lage ist, und die Abwehrsysteme Iron Dome und David‘s Sling erfolgreich eingesetzt werden können, wird es bei den Nadelstichen und gezielten Gegenschlägen ohne Bodentruppen bleiben.
Am Abend des 13. Mai 2023 trat eine Feuerpause in Kraft. Bisher halten sich beide Seiten daran.
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