Corona und antisemitische Hetze – wie passt das zusammen?

(Köln) – Vor Wochenfrist tauchte in in den öffentlichen Nahverkehrsmitteln in Köln, ein Pamphlet der übelsten Sorte auf. “Haben wir denn wirklich nur ein Corona-Problem? Oder haben wir nicht vor allem ein Juden-Problem?” – wurde da polemisch gefragt. Ein Mitglied der jüdischen Gemeinde Kölns veröffentlichte auf Twitter ein Bild der Hetzschrift. Daraufhin wurde ein Strafverfahren durch die Staatsanwaltschaft eröffnet – gegen den Anzeigensteller!

Das Flugblatt listete neben diesen polemischen Fragen vier Namen auf: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundes-Gesundheitsminister Jens Spahn, Bundes-Aussenminister Heiko Maas, sowie der Virologe Christian Drosten, der häufig als Experte zu Corona in Deutschland sehr häufig befragt wird. Sie alle sollen, so wird behauptet, Juden sein, wobei beim letztgenannten auf die, schon durch die Nazis propagierte, Wissenschaft der Phänotypisierung verwiesen wird. Schlussfolgerung des Flugblattes ist der “Merksatz”, je mehr Juden sich in Politik breit machten, umso mehr Probleme gebe es.

Die Staatsanwaltschaft begründete ihr Vorgehen gegen den Anzeigensteller damit, dass dieser insbesondere durch die bildliche Wiedergabe des Pamphlets der Verbreitung von Schriften zur Volksverhetzung schuldig gemacht habe. Das unsägliche Machwerk erfuhr daraufhin eine Verbreitung, den es ohne den Schritt der Strafverfolgungsbehörden wohl nie bekommen hätte. Nicht nur im deutschsprachigen Raum, aber weit über Mitteleuropa hinaus wurde über den Fall berichtet, bis nach Israel und in die Vereinigte Staaten. Auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äusserte sein Unverständnis darüber, dass als erstes derjenige ins Visier genommen wurde, der gegen das Pamphlet Anzeige erstattet hatte, und die Ermittlungsbehörde hierzu weitestgehend schwieg. Eine ganze Woche dauerte es, bevor der Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn Stellung bezog:

Seine Erklärung mag formal-juristisch richtig sein, besonders klug ist sie jedoch nicht. Nicht nur die hemdsärmelige Art und Weise, wie die Kölner Strafverfolgungsbehörde mit der Öffentlichkeit kommuniziert – nämlich in der Form eines, an einen “fortlaufend gepflegten Verteilerkreis” gerichteten, E-Mails mit Word-Anhang – löst Stirnrunzeln aus. Befremdend auch die Begründung für dieses Vorgehen.

Online stellen wir entsprechende Erklärungen nicht, da diese so einem unbestimmten Leserkreis und eben nicht nur Pressevertretern zugänglich würden, was einige nachhaltige presserechtliche Weiterungen im Bereich persönlichkeitsrechtlicher Grenzziehungen mit sich brächte.

Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn, in einer E-Mail vom 18. Februar 2021 an die Redaktion

Der Amtsschimmel lässt wiehern, ähem grüssen.

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Der mit Sprache Bilder kreiiert Seit über 10 Jahren journalistisch tätig, vorwiegend zu Themen Israel und jüdisches Leben. Zuvor Korrespondent und Redaktioneller Mitarbeiter für die European News Agency, und seit geraumer Zeit als Blogger hier auf dieser Plattform. Davor war ich auch fleissig als Kommentator über die Plattform Disqus unterwegs, u.a. bei der Jerusalem Post oder die Neue Zürcher Zeitung. Inhaltlich mache ich keinen Hehl aus meiner Überzeugung, dass für mich die sog. Zwei-Staaten-Lösung - die ja wahl- und bezeichnenderweise auch schon ein Konzept für mehr als 2 Staaten war - eine in der westphälischen Ordnung (Henry Kissinger) verwurzelte und europazentrische Sichtweise - überholt resp. zumindest neu gedacht werden muss. Als Sprössling zweier Überlebenden der Schoa ist das, was man heutzutage Erinnerungskultur nennt, naturgemäss mein Thema. In diesen Zusammenhang gehört die Auffassung, dass man nach wie vor lieber tote Juden beweint, als dass man sich lebenden Juden - in Israel oder in der Diaspora - zuwendet, bekennt und mit ihnen solidarisiert. In dieser Hinsicht halte ich meinem Land, der Schweiz, vor, sich ihrer Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg bis heute nicht gestellt zu haben. Da verkommt sogar die Diskussion über eine zentrale Gedenkstätte oder zu Raubkunst zur willkommenen Ablenkung vom Thema. Mitglied im Deutschen Verband der Pressejournalisten

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