Letzte Aktualisierung am 1. November 2021 durch Thomas Morvay
Jerusalem/Israel – Mehr als 100 Jahre nach dem Schreiben des britischen Aussenministers Sir Arthur Balfour an Lord Walther Rothschild fantasiert die selbsternannte Führung der palästinensischen Araber in Ramallah weiter über die “historische Ungerechtigkeit”, die in ihrer Lesart letztendlich zur “Nakhba”, also in die Katastrophe führte: der Gründung des Staates Israel. Vor 4 Jahren schrieb ich hierzu an anderer Stelle einen Kommentar mit der Überschrift “Abbas’ Lügen zur Balfour-Deklaration”, der hier in einer leicht bearbeiteten, aktualisierten deutschen Fassung wiedergegeben wird.
Am Vorabend des 100sten Wiederkehrs der Balfour-Deklaration, bot die englische Tageszeitung The Guardian dem Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas eine Plattform zur Darstellung seiner Position. Die Falschheiten beginnen schon damit, dass die Zeitung Abbas als den “Präsident Palästinas” bezeichnet, geflissentlich darüber hinwegsehend, dass es Abbas an einer demokratischen Legitimierung seit Jahren fehlt – sofern er eine solche überhaupt je besass. Denn Abbas fürchtet sich vor Wahlen, wie sich letztmalig im vergangenen Sommer eindrücklich zeigte: wenige Tage vor dem Termin blies er die längst überfälligen Parlamentswahlen ab, aus Angst, seine Macht an noch extremistischere Kräfte, wie die im Gazastreifen regierende Hamas, zu verlieren.
Aber lassen Sie uns einen Blick werfen auf die Propagandalügen im Meinungsbeitrag von Abbas:
He promised a land that was not his to promise, disregarding the political rights of those who already lived there.
Quelle: “Britain must atone for the Balfour Declaration – and 100 years of suffering”,
von Mahmud Abbas im The Guardian, am 1. November 2017
Betrachten wir als erstes hierzu den Wortlaut der Deklaration: “… mit der Maßgabe, dass nichts geschehen soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina oder die Rechte und den politischen Status der Juden in anderen Ländern in Frage stellen könnte …”. Werden hier nicht ausdrücklich die Rechte der ansässigen nicht-jüdischen Menschen explizit geschützt? Zudem stand zum Zeitpunkt der Erklärung nicht nur der britische General Allenby vor den Toren Jerusalems, aber es war ebenfalls bekannt, dass die britisch-französischen Vereinbarungen von 1916, welche als Sykes-Picot Agreement in die Geschichte eingingen, Grossbritannien als britisches Einflussgebiet festgelegt hatten, also sehr wohl die Versprechen abgeben konnte, die im Schreiben spezifiziert sind. Ausser man ist ein sog. Anführer der sog. Palästinenser, und gefällt sich routinemässig in der Opferrolle.
This British policy, to support Jewish immigration into Palestine while negating the Arab-Palestinian right to self-determination, …
Quelle: “Britain must atone for the Balfour Declaration – and 100 years of suffering”,
von Mahmud Abbas im The Guardian, am 1. November 2017
Ein Klassiker: denn, wie die historische Realität zeigte, es gab zu keiner Zeit eine wirkliche Politik, welche jüdische Einwanderung ins Mandatsgebiet begünstigt hätte. Nicht in der Balfour-Deklaration, und auch nicht später. Lord Balfour zitierte in seinem Schreiben den Beschluss des Kabinetts, die “Regierung Seiner Majestät betrachte[te] mit Wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina” – was deutlich weniger ist als eine deklarierte Politik. Praktisch vom Anbeginn an begann man dann in London zurück zu krebsen. Insbesondere nachBekanntwerden der Versprechen anderer Regierungsstellen – etwa in der berühmten MacMahon-Hussein-Korrespondenz, oder auch im Umgang von Lawrence mit Emir Feisal, dem späteren König von Syrien resp. im Irak. Noch vor Inkrafttreten des Völkerbundsmandats begannen die Briten, die jüdische Einwanderung zu begrenzen, was später zur erklärten Regierungspolitik gehörte in den insgesamt 3 Weissbüchern, bis in die letzten Tage des Palästina-Mandats.
Tatsächlich hatte Grossbritannien das Recht der Araber auf Selbstbestimmung niemals negiert, insbesondere nicht in Jerusalem, wo sie bald al-Husseini zum Grossmufti erkoren, und ihn stützten, selbst als der Mann zu einem glühenden Anhänger Hitlers geworden war.
In 1948 Zionist militias forcibly expelled more than 800,000 men, women and children from their homeland, …
Quelle: “Britain must atone for the Balfour Declaration – and 100 years of suffering”,
von Mahmud Abbas im The Guardian, am 1. November 2017
Klassisches Bedienen der Opferrolle. Sogar die sog. israelischen Neuen Historiker sind sich weitgehend einig: es gab keine systematische Vertreibung der palästinensischen Araber. Nicht 1948, als die allermeisten unter ihnen ihre Häuser nach Aufforderung der heranstürmenden arabischen Armeen verschlossen und die Schlüssel mitnahmen, in der klaren Absicht, dorthin zurück zu kehren, nachdem die “Juden ins Meer getrieben” waren. Andere machten sich aus dem Staub, aus Angst davor, für vergangene Pogrome unter den Juden zur Verantwortung gezogen zu werden – etwa aus Safed, von wo auch die Familie von Abbas herkommt. In einem Beitrag aus dem Jahre 2001 schrieb Benny Morris (einer der oben erwähnten Neuen Historiker)
During the spring and summer of 1948 large scale evacuations were initiated by local Arab leaders and the Arab Higher Committee (the Palestinians’ national leadership) of women, children and the elderly, a process that undermined the staying power of the adult males left behind to guard the villages and who, soon after, also fled their homes.
Quelle: “Expulsion or flight?” von Prof. Benny Morris, im The Guardian, am 16. Januar 2001
Der bekannte Journalist Ari Shavit von Haaretz liefert in seinem neuesten Buch “My Promised Land” (ISBN 978-1-925228-58-8) weitere Beispiele, um diese Sichtweise zu stützen.
The Balfour declaration is not something that can be forgotten. Today, Palestinians number more than 12 million, and are scattered throughout the world
Quelle: “Britain must atone for the Balfour Declaration – and 100 years of suffering”,
von Mahmud Abbas im The Guardian, am 1. November 2017
Dies ist die letzte Aussage von Abbas, die ich ansprechen will: es gibt keine “12 Millionen” vertriebene Palästinenser, welche “verstreut in alle Welt” lebten. Diese horrende Zahl existiert nur durch die einmalige Zählweise des UNO-Flüchtlingshilfswerks für die Palästinenser (UNRWA), bei der sogar Nachkommen in der fünften Generation noch als Flüchtlinge gelten. Bei sämtlichen übrigen, von den Vereinten Nationen durch das UNHCR betreuten Flüchtlingen, ist der Status selbstverständlich nicht vererbbar.
Eine persönliche Anmerkung zum Schluss: ich wurde 1970 ein politischer Flüchtling, als meine Eltern mit mir das kommunistische Ungarn verliessen. Sie erhielten ein Startkapital von wenigen Tausend Schweizer Franken, um sich eine Erstausstattung leisten zu können. Das als Darlehen gewährte Geld wurde bis auf den letzten Rappen innert 5 Jahren getilgt. Ich wurde 1979 eingebürgert, diente in der Schweizer Armee, habe hier Steuern bezahlt und bin meinen politischen und staatsbürgerlichen Pflichten stets nachgekommen. Daher beleidigt es mein Selbstverständnis, wenn arabische Staaten die Palästinenser immer noch in Flüchtlingslagern halten, wozu sie die UNRWA noch heute ermutigt, ohne Bürgerrechte, ohne das Recht einer geregelten Arbeitstätigket nachzugehen. Und es beleidigt meine Intelligenz, dass die Welt dies einfach hinnimmt. Abbas ist nur ein besonders sichtbares Symbol für diese Haltung. Es wird Zeit, dsass die Welt ihre Haltung anpasst. Es wird Zeit, den palästinensischen Arabern klarzumachen, dass man ihr Verharren in der Opferrolle nicht länger hinnimmt. Das wäre konsequenter und sinnvoller, als es einem versteinerten Greis nachzusehen, wie er sein Volk hinters Licht führt und das Vereinigte Königreich attackiert, und bis heute von ihr eine Entschuldigung fordert – mehr als 100 Jahre nach der Balfour-Deklaration!
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